FISCUS: Unterschied zwischen den Versionen

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==Definition==
==Definition==


Das [[Projekt]] [[FISCUS]] (Föderales Integriertes Standardisiertes Computerunterstütztes Steuersystem) war ein bundesweites [[IT]]-Projekt, welches von den Bundesländern mit Unterstützung des Bundes im Jahre 1993 begonnen wurde.
[[1993]] wurde von den Bundesländern mit Unterstützung des Bundes das [[Projekt]] [[FISCUS]] (Föderales Integriertes Standardisiertes Computerunterstütztes Steuersystem) gestartet. Ziel des Projekts war es, eine bundesweit einheitliche Softwarelösung zur Automatisierung des Besteuerungsverfahren zu entwickeln, welches in sämtlichen deutschen Finanzbehörden eingesetzt werden sollte.


Ziel des Projekts war es, eine bundesweit einheitliche Softwarelösung zur Automatisierung des Besteuerungsverfahren zu entwickeln, welches in sämtlichen deutschen Finanzbehörden eingesetzt werden sollte.
== Erster Versuch ==
 
== Erstversuch FISCUS ==
=== Allgemeine Beschreibung ===
=== Allgemeine Beschreibung ===


Zusätzlich  zu dem oben genannten Projektziel sollte ein länderübergreifender Zugriff auf die Steuerdaten ermöglicht werden, welcher mit der bisherigen Software nicht möglich war. Diese mangelnde DV-Unterstützung erschwerte die Bekämpfung von Steuerbetrug bei länderübergreifenden Sachverhalten ungemein.
Zusätzlich  zu dem oben genannten Projektziel sollte ein länderübergreifender Zugriff auf die Steuerdaten ermöglicht werden, welcher mit der bisherigen Software nicht möglich war. Diese mangelnde DV-Unterstützung erschwerte die Bekämpfung von Steuerbetrug bei länderübergreifenden Sachverhalten ungemein.
Weitere Gründe, welche für das Projekt sprachen, waren zum einen die aufwendige Wartung der bisherigen Software. Nicht nur, dass diese, in den 60er bis 70er Jahren entwickelte Software, noch überwiegend in Cobol und Assembler geschrieben war, was die Wartung und Änderung bereits aufwendig genug machte, so waren Anpassungen zudem auch noch mehrmals notwendig, da in den einzelnen Bundesländern verschiedene Programme zum Einsatz kamen.


Nachdem die Anforderungen an die Steuerverwaltung zudem ständig ansteigen, beispielsweise durch zunehmende Fallzahlen und häufige Änderungen des Steuerrechts war es notwendig ein zentrales, objektorientiertes System zu entwickeln.
Ein weitere Grund, der für das Projekt sprach, war die aufwändige Wartung der bisherigen Software, da die in den 1960er- bis 1970er-Jahren entwickelte Software noch überwiegend in [[COBOL]] und [[Assembler]] geschrieben worden war. Darüber hinaus waren Anpassungen meist mehrfach notwendig, da in den einzelnen Bundesländern verschiedene Programme zum Einsatz kamen.
 
Da überdies die Anforderungen an die Steuerverwaltung stetig zunahmen, beispielsweise durch häufige Änderungen des Steuerrechts, sah man es als notwenig an, ein einheitliches System zu entwickeln, das in sämtlichen Finanzbehörden eingesetzt werden konnte.


=== Projektumfang ===
=== Projektumfang ===
Die Software sollte die Steuerverwaltungen der Länder in allen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, insbesondere im Besteuerungsverfahren, unterstützen und diese automatisieren.
Die Software sollte die Steuerverwaltungen der Länder in allen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, insbesondere im Besteuerungsverfahren, unterstützen und diese automatisieren. Hauptsächlich sollte das System in Finanzämter und Landesfinanzbehörden eingesetzt werden, wobei es allerdings auch möglich sein sollte, externe Partner wie beispielsweise Steuerberater  anzubinden.


Haupteinsatzort des endgültigen Systems sollten hier die Finanzämter und Landesfinanzbehörden sein, wobei auch an die Anbindung eventueller externer Partner, wie Steuerberater, Rücksicht genommen werden sollte.
In der Bundesrepublik gab es insgesamt circa 650 Finanzämter. Die wesentliche Schwierigkeit hierbei war, dass diese mit teilweise sehr unterschiedlichen Aufgabenbereichen betraut waren und dazu teilweise noch sehr unterschiedliche Organisationsstrukturen aufwiesen. Die Mitarbeiteranzahl variierte pro Amt zwischen 50 bis 800 Beschäftigten.
In der Bundesrepublik erstrecken sich insgesamt circa 650 Finanzämter. Schwierigkeit hierbei ist, dass diese teilweise sehr unterschiedliche Aufgabenbereiche verantworten, wie nur die Zuständigkeit für bestimmte Steuerarten, und dazu noch völlig verschiedene Organisationsstrukturen aufweisen können.
Die Mitarbeiteranzahl variiert pro Amt zwischen 50 bis 800 Beschäftigten, welche für circa 120.000 Einwohner verantwortlich sind.


Das System soll daher pro Jahr circa 30 Millionen Steuerfälle verwalten und soll eine Benutzerzahl von 100.000-120.000 Beamten  zulassen. Diese kann sich durch die Anbindung externer Partner und Steuerzahlern noch drastisch erhöhen.
Das System sollte daher pro Jahr circa 30 Millionen Steuerfälle verwalten können. Die Anzahl der Benutzer wurde auf  100.000 120.000 Finanzbeamte festgelegt. Durch die Anbindung von externen Partnern hätte sich diese Zahl allerdings noch deutlich erhöhen können.


=== Planung und Organisation ===
=== Planung und Organisation ===
Das Projekt bestand aus einer Reihe von Teilprodukten, welche in vorm von Modulen auf die einzelnen Länder verteilt wurden. Hierbei sollte jedes Land, je nach Größe mindestens ein Modul, unter Abstimmung mit den anderen Ländern, entwickeln. Die dadurch entstehenden kosten sollte jedes Land selbst tragen.
Das Projekt bestand aus einer Reihe von Teilprodukten, welche in Form von Modulen auf die einzelnen Länder verteilt wurden. Hierbei sollte jedes Land mindestens ein Modul entwickeln, unter Abstimmung mit den anderen Ländern. Größere Länder sollten mehrere Module entwicklen. Die entstehenden Kosten sollte jedes Land selbst tragen.
Beginnend sollten Grobkonzepte, gefolgt von Feinkonzepten erstellt werden, welchen die eigentliche Programmierung folgen solle.
Der Projektablauf wurde als klassisches Wasserfallmodel geplant: Zunächst solten Grobkonzepte erstellt werden, gefolgt von Feinkonzepten, und der eigentliche Programmierung.
 
Der bundesweite Einsatz sollte jeweils 3 Jahre nach Freigabe erfolgen, mit einer ausgiebigen Testphase in den einzelnen Finanzbehörden.
Der bundesweite Einsatz sollte jeweils 3 Jahre nach Freigabe erfolgen, wodurch eine ausgiebige Testphase in einzelnen Finanzämtern erfolgen sollte.


Grundlegend war der Gedanke der [[Objekt-Technologie]]. Architekturmodelle sollten mit der Unified Modeling Language ([[UML]]) erstellt werden. Dokumentation und Design in [[Rational Rose]]. Als Programmiersprache sollte [[Java]] auf einer mehrstufigen [[Client/Server Architektur]] eingesetzt werden. Als Speicher dienten relationale Datenbanken.
Die Programmierung sollte dem Stand der Technik entsprechend [[objektorientiert]] mit [[Java]] auf Basis einer mehrstufigen [[Client/Server-Architektur]] erfolgen.
Die Architekturmodelle sollten mit der Unified Modeling Language ([[UML]]) erstellt werden, Dokumentation und Design mit [[Rational Rose]]. Zum Speichern der Daten waren  [[relationales Datenbanksystem|relationale Datenbanksysteme]] vorgesehen.


Schwerpunkte bei der Entwicklung waren Skalierbarkeit, Sicherheit und die Nutzung offener Standards.
Schwerpunkte bei der Entwicklung waren Skalierbarkeit, Sicherheit und die Nutzung offener Standards.
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Die Koordination des Projekts übernahm der Bund. Dazu wurde die Koordinierungsstelle für die Neukonzeption des automatisierten Besteuerungsverfahren – kurz KAS – mit ihrem Hauptsitz im Bundesministerium und beim Bundesamt für Finanzen eingerichtet. Die Kosten hierfür trug der Bund.
Die Koordination des Projekts übernahm der Bund. Dazu wurde die Koordinierungsstelle für die Neukonzeption des automatisierten Besteuerungsverfahren – kurz KAS – mit ihrem Hauptsitz im Bundesministerium und beim Bundesamt für Finanzen eingerichtet. Die Kosten hierfür trug der Bund.


Am Gesamtprojekt waren zu Beginn circa 120 Programmierer in den Ländern, 30 koordinierende Mitarbeiter in der KAS und einige Entscheider aus den einzelnen Bundesländern beteiligt. Dazu kamen zusätzliche externe Berater und Entwickler.  
Am Gesamtprojekt waren zu Beginn circa 120 Programmierer in den Ländern, 30 koordinierende Mitarbeiter in der KAS sowie einige Entscheider aus den einzelnen Bundesländern beteiligt. Dazu kamen zusätzliche externe Berater und andere Entwickler.  
Das Gesamtbudget wurde zu Beginn auf 170 Millionen festgesetzt. Der Bundesfinanzhof verzichtet auf Darstellung der Projektplanung und -durchführung und erwarte lediglich im Jahr 2000 - also erst 8 Jahre nach Beginn - einen Ergebnisbericht.
Das Gesamtbudget wurde zu Beginn auf 170 Millionen Euro festgesetzt.  


=== Problemfaktoren ===
=== Problemfaktoren ===


*Abstimmungsprobleme
*Abstimmungsprobleme: Durch die breit verteilte Projektstruktur ergaben sich Schwierigkeiten im föderalen Abstimmungsprozess.
Durch die breit verteilte Projektstruktur Schwierigkeiten im föderalen Abstimmungsprozess.
*Zu viele Entscheidungsträger: Alle Bundesländer und die Koordinierungsstelle hatten ein Mitspracherecht.
 
*Mangelhafte Planung und Dokumentation: Der Bundesfinanzhof verzichtete auf Darstellung der Projektplanung und -durchführung und erwartete lediglich im Jahr 2000 – also erst acht Jahre nach Projektbeginn – einen Ergebnisbericht.
*Zu viele Entscheidungsträger
Mitentscheidungsrecht aller Bundesländer und der KAS/n
(''Zu viele Köche verderben den Brei'')
 
*Zu große Arbeitslast
Notwendigkeit bestehende Software, der einzelnen Länder, zu pflegen und zu warten.
 
*Mangelnde Planung / Dokumentation
verzichtet auf Darstellung der Projektplanung und -durchführung bis zum Jahr 2000.


=== Ergebnis ===  
=== Ergebnis ===  
Im Jahr 2000 wies das Projekt einen erheblichen Entwicklungsrückstand auf. Kein einziges Teilprodukt war zu diesem Zeitpunkt wie geplant fertig gestellt.
Im Jahr 2000 wies das Projekt einen erheblichen Entwicklungsrückstand auf. Kein einziges Teilprodukt war zu diesem Zeitpunkt wie geplant fertig gestellt.
Für den Abschluss des Projekts zeichnete sich eine erhebliche Budgetüberschreitung an, was ein hohes Abbruchrisiko darstellte.
Für den Abschluss des Projekts zeichnete sich eine erhebliche Budgetüberschreitung an, was ein hohes Abbruchrisiko darstellte.
Dieses Zwischenergebnis bewegte schließlich Bayern dazu aus dem Projekt auszusteigen, um sein eigenes Projekt [[EOSS2]] (Evolutionär orientierte Steuersoftware) weiterzuentwickeln.
Dieses Zwischenergebnis bewegte schließlich Bayern dazu, aus dem Projekt auszusteigen, um sein eigenes Projekt [[EOSS2]] (Evolutionär orientierte Steuersoftware) weiterzuentwickeln.
Der restliche FISCUS Verbund entschied sich dazu das Projekt mit einer anderen Organisationsstuktur weiterzuführen. Dazu wurde die FISCUS GmbH gegründet.
Der restliche FISCUS-Verbund entschied sich dazu, das Projekt mit einer anderen Organisationsstuktur weiterzuführen. Dazu wurde die FISCUS GmbH gegründet.


== Neustart FISCUS GmbH ==
== Neustart des Projektes mit der FISCUS GmbH ==


Mit der privatwirtschaftliche FISCUS GmbH sollte ein Neustart des bereits gescheiterten Projekts durch Outsourcing unternommen werden.  
Mit der privatwirtschaftliche FISCUS GmbH sollte ein Neustart des bereits gescheiterten Projekts durch Outsourcing unternommen werden.  
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=== Gründung ===  
=== Gründung ===  
Die Gründung wurde durch 15 Bundesländer (alle außer Bayern) und dem Bund unter Führung der Gesellschafter beschlossen.
Die Gründung wurde durch 15 Bundesländer (alle außer Bayern) und dem Bund unter Führung der Gesellschafter beschlossen.
Die Finanzierung erfolgte ebenfalls durch die Länder und den Bund. Wesentlicher Gedanke war es, die Software nun zentral zu entwickeln und damit die Organisation und Kommunikation zu erleichtern und eine klare Auftraggeber-Auftragnehmer-Struktur zu schaffen.


Die Finanzierung erfolgte ebenfalls durch die Länder und den Bund.
Das Personal wurde hauptsächlich auf dem freien Arbeitsmarkt angeworben. Unterstützt wurde es durch zu Programmierern umgeschulte Verwaltungsfachangestellte und Beamte. Außerdem war die Einbeziehung der bis zu diesem Zeitpunkt in Steuerverwaltungen eingesetzten Beschäftigten erforderlich, um das steuerrechtliche Know-how zu erlangen.
 
Wesentlicher Gedanke war es die Software nun zentral zu entwickeln und damit die Organisation und Kommunikation zu erleichtern und eine klare Auftraggeber-Auftragnehmer-Struktur zu schaffen.
 
Das Personal wurde hauptsächlich auf dem freien Arbeitsmarkt erworben. Unterstützt wurde es durch zu Programmierern umgeschulte Verwaltungsfachangestellte und Beamte. Außerdem war die Einbeziehung der bis zu diesem Zeitpunkt in Steuerverwaltungen eingesetzten Beschäftigten erforderlich um das steuerrechtliche Know-how zu erlangen.
   
   
=== Erneute Probleme ===  
=== Erneute Probleme ===  


*Know-how-Transfer
*Know-how-Transfer: Das mühselig in acht Jahren erarbeitete Wissen wurde nur lückenhaft an die GmbH weitergegeben, wodurch das Projekt quasi wieder bei Null startete.   
Das mühselig in acht Jahren erarbeitete Wissen wurde nur lückenhaft an die GmbH weitergegeben, wodurch das Projekt quasi wieder bei null startete.   
*Schlecht geschultes Personal: Aufgrund der hohen Kosten wurden zu wenig gutes Fachpersonal eingestellt.
 
*Kein Gesamtkonzept: In den einzelnen Ländern wurden jeweils nur Teilkonzepte erarbeitet.
*Mangelndes Personal
*Unklares Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis: Alle Länder fungierten als Auftraggeber mit unterschiedlichen Vorstellungen.
Lange Einarbeitungszeiten und fehlende Gelder
 
*Kein Gesamtkonzept
Nur Teilkonzepte wurden in den Ländern erarbeitet


*Unklares Auftraggeber Auftragnehmerverhältnis
Der Bundesrechnungshof empfahl dem Bund, sich ab 2007 nicht weiter an FISCUS zu beteiligen denn schließlich sei die Steuererhebung Ländersache.
Alle Länder fungierten als Auftraggeber mit unterschiedlichen Vorstellungen
 
Bundesrechnungshof empfahl Bund, sich ab 2007 nicht weiter an FISCUS zu beteiligen - denn schließlich sei die Steuererhebung Ländersache.


=== Projektabbruch ===
=== Projektabbruch ===


Im Jahr 2004 wurde das Projekt Fiscus endgültig abgebrochen, da das Projektbudget hoffnungslos überschritten wurde und sich weitere fünf Bundesländer (Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt) aus dem Verbund lösten.
Im Jahr 2004 wurde das Projekt FISCUS endgültig abgebrochen, da das Projektbudget hoffnungslos überschritten worden war und sich mit Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt weitere fünf Bundesländer aus dem Verbund lösten.
 
Zu Projektende waren lediglich drei Module fertig gestellt:
Die Online-Stammdatenabfrage (OSA), das Modul „Grunderwerbssteuer“ (GrESt), welches im Finanzamt in Hilden zum Einsatz kam, und das Modul „Bußgeldverfahren und Strafsachen“ (BuStra), im Einsatz in  Lübeck.
Diese wurden jedoch nie bundesweit eingesetzt.


Letztendlich folgte die Liquidation der Fiscus GmbH am 31. 2. 2006.
Bis zum Projektende waren lediglich drei Module fertig gestellt worden:
Die Online-Stammdatenabfrage (OSA), das Modul „Grunderwerbssteuer“ (GrESt), welches im Finanzamt in Hilden zum Einsatz kam, und das Modul „Bußgeldverfahren und Strafsachen“ (BuStra), welches in Lübeck eingesetzt wurde. Keines dieser drei Module wurde je bundesweit eingesetzt.


== Kosten ==
Letztendlich folgte die Liquidation der FISCUS GmbH am 31. 2. 2006.


Bis 2005 werden die Entwicklungskosten auf 900 Millionen geschätzt ohne, dass ein brauchbares Ergebnis vorlag.
== Dauer und Kosten ==
Das Projekt verschlang mit der Dauer von über 12 Jahren unzählige Mannstunden und sonstige Ressourcen.
Die Projektlaufzeit betrug 12 Jahre, die gesamten Entwicklungskosten werden auf 900 Millionen Euro geschätzt. Ein brauchbares Ergebnis gibt es nicht.
<!--
Im Folgenden sind die Projektkosten des Bundesland Nordrhein-Westfalen über die Dauer des Projekts aufgelistet.
-->


== Fazit ==
== Fazit ==


Das Projekt Fiscus ist nur eines von vielen öffentlichen IT-Projekten, welches durch die schwierigen Verhältnisse und Einschränkungen die staatliche Projekte mit sich ziehen kläglich gescheitert ist.
Das Projekt FISCUS ist nur eines von vielen öffentlichen IT-Projekten, welches durch die schwierigen Verhältnisse und Einschränkungen, die staatliche Projekte mit sich bringen, kläglich gescheitert ist. Meist sind mangelhaftes Projektmanagement und mangelhafte Projektorganisation sowie die Fehleinschätzung der Komplexität derartiger IT-Projekte die  ausschlaggebende Faktoren für den Misserfolg.
Doch auch mangelndes Projektmanagement und Organisation sowie Fehleinschätzung der Komplexität eines solchen Projektes, welches im IT-Bereich durchaus als sehr groß angesehen werden kann, sind hier oft ausschlaggebende Faktoren für den Misserfolg.


Der Bund entschloss sich zwar das Projekt Fiscus zu begraben, doch ist er mutig genug einen Nachfolger ins leben zu rufen.  
Der Bund entschloss sich zwar das Projekt FISCUS zu begraben, doch war er mutig genug einen Nachfolger ins Leben zu rufen:  
Unter dem Namen [[KONSENS]] (Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung) will der Bund die Idee einer bundesweit einheitlichen Besteuerungssoftware doch noch verwirklichen.
Unter dem Namen [[KONSENS]] (Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung) will der Bund die Idee einer bundesweit einheitlichen Besteuerungssoftware doch noch verwirklichen.<ref>https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2011/06/Artikel/analysen-und-berichte/b02-Vorhaben-KONSENS/Vorhaben-KONSENS.html</ref> Dieses System baut jedoch auf bereits in den Bundesländern (speziell in Bayern ([[EOSS]]) und Nordrhein-Westfalen) eingesetzte Software auf.
Dieses System baut jedoch auf bereits in den Bundesländern eingesetzter Software, speziell des Landes Bayern ([[EOSS]]) und Nordrhein-Westfalen, auf.
Bei KONSENS sollen die fünf größten Bundesländer (Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg) die Software gemeinsam entwickeln und den kleinern Ländern anschließend zur Verfügung stellen. Der Bund trägt bei diesem Projekt keinerlei Verantwortung mehr.
Bei KONSENS sollen die fünf größten Bundesländer (Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg) die Software gemeinsam entwickeln und den kleinern Ländern anschließend zur Verfügung stellen. Der Bund trägt bei diesem Projekt keinerlei Verantwortung mehr.


Ob dieses Mammut-Projekt in dieser Konstellation zu bewältigen ist, ist noch zu beweisen. Klar ist jedoch, dass FISCUS nicht nur immense Kosten bereitet hat, sondern auch der Misserfolg weiterhin Kosten verursacht; nicht zuletzt durch die Tatsache eines immer noch fehlenden IT-Systems zur Unterstützung der Finanzämter.   
Ob dieses Mammut-Projekt in dieser Konstellation zu bewältigen ist, ist noch zu beweisen. Klar ist jedoch, dass FISCUS nicht nur immense Kosten bereitet hat, sondern auch der Misserfolg weiterhin Kosten verursacht; nicht zuletzt durch die Tatsache eines immer noch fehlenden einheitlichen IT-Systems zur Unterstützung der Finanzämter.   


Das Projekt Fiscus kann als Präzedenzfall für ein [[gescheitertes Projekt]] angesehen werden.
Das Projekt FICUS kann als Präzedenzfall für ein [[gescheitertes Projekt]] angesehen werden.


==Links==
==Quellen==
* http://www.fiscus.info/index_fiscus.html (Homepage der Fiscus GmbH), dieser Server existiert nicht mehr
* http://www.fiscus.info/index_fiscus.html (Homepage der Fiscus GmbH), dieser Server existiert nicht mehr
*[http://www.rechnungshof.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/974/B019_2005.pdf Die Beteiligung des Landes NRW am Projekt Fiscus]
*[http://www.rechnungshof.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/974/B019_2005.pdf Die Beteiligung des Landes NRW am Projekt Fiscus]

Version vom 16. September 2018, 19:44 Uhr

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Definition

1993 wurde von den Bundesländern mit Unterstützung des Bundes das Projekt FISCUS (Föderales Integriertes Standardisiertes Computerunterstütztes Steuersystem) gestartet. Ziel des Projekts war es, eine bundesweit einheitliche Softwarelösung zur Automatisierung des Besteuerungsverfahren zu entwickeln, welches in sämtlichen deutschen Finanzbehörden eingesetzt werden sollte.

Erster Versuch

Allgemeine Beschreibung

Zusätzlich zu dem oben genannten Projektziel sollte ein länderübergreifender Zugriff auf die Steuerdaten ermöglicht werden, welcher mit der bisherigen Software nicht möglich war. Diese mangelnde DV-Unterstützung erschwerte die Bekämpfung von Steuerbetrug bei länderübergreifenden Sachverhalten ungemein.

Ein weitere Grund, der für das Projekt sprach, war die aufwändige Wartung der bisherigen Software, da die in den 1960er- bis 1970er-Jahren entwickelte Software noch überwiegend in COBOL und Assembler geschrieben worden war. Darüber hinaus waren Anpassungen meist mehrfach notwendig, da in den einzelnen Bundesländern verschiedene Programme zum Einsatz kamen.

Da überdies die Anforderungen an die Steuerverwaltung stetig zunahmen, beispielsweise durch häufige Änderungen des Steuerrechts, sah man es als notwenig an, ein einheitliches System zu entwickeln, das in sämtlichen Finanzbehörden eingesetzt werden konnte.

Projektumfang

Die Software sollte die Steuerverwaltungen der Länder in allen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, insbesondere im Besteuerungsverfahren, unterstützen und diese automatisieren. Hauptsächlich sollte das System in Finanzämter und Landesfinanzbehörden eingesetzt werden, wobei es allerdings auch möglich sein sollte, externe Partner wie beispielsweise Steuerberater anzubinden.

In der Bundesrepublik gab es insgesamt circa 650 Finanzämter. Die wesentliche Schwierigkeit hierbei war, dass diese mit teilweise sehr unterschiedlichen Aufgabenbereichen betraut waren und dazu teilweise noch sehr unterschiedliche Organisationsstrukturen aufwiesen. Die Mitarbeiteranzahl variierte pro Amt zwischen 50 bis 800 Beschäftigten.

Das System sollte daher pro Jahr circa 30 Millionen Steuerfälle verwalten können. Die Anzahl der Benutzer wurde auf 100.000 – 120.000 Finanzbeamte festgelegt. Durch die Anbindung von externen Partnern hätte sich diese Zahl allerdings noch deutlich erhöhen können.

Planung und Organisation

Das Projekt bestand aus einer Reihe von Teilprodukten, welche in Form von Modulen auf die einzelnen Länder verteilt wurden. Hierbei sollte jedes Land mindestens ein Modul entwickeln, unter Abstimmung mit den anderen Ländern. Größere Länder sollten mehrere Module entwicklen. Die entstehenden Kosten sollte jedes Land selbst tragen. Der Projektablauf wurde als klassisches Wasserfallmodel geplant: Zunächst solten Grobkonzepte erstellt werden, gefolgt von Feinkonzepten, und der eigentliche Programmierung. Der bundesweite Einsatz sollte jeweils 3 Jahre nach Freigabe erfolgen, mit einer ausgiebigen Testphase in den einzelnen Finanzbehörden.

Die Programmierung sollte dem Stand der Technik entsprechend objektorientiert mit Java auf Basis einer mehrstufigen Client/Server-Architektur erfolgen. Die Architekturmodelle sollten mit der Unified Modeling Language (UML) erstellt werden, Dokumentation und Design mit Rational Rose. Zum Speichern der Daten waren relationale Datenbanksysteme vorgesehen.

Schwerpunkte bei der Entwicklung waren Skalierbarkeit, Sicherheit und die Nutzung offener Standards.

Die Koordination des Projekts übernahm der Bund. Dazu wurde die Koordinierungsstelle für die Neukonzeption des automatisierten Besteuerungsverfahren – kurz KAS – mit ihrem Hauptsitz im Bundesministerium und beim Bundesamt für Finanzen eingerichtet. Die Kosten hierfür trug der Bund.

Am Gesamtprojekt waren zu Beginn circa 120 Programmierer in den Ländern, 30 koordinierende Mitarbeiter in der KAS sowie einige Entscheider aus den einzelnen Bundesländern beteiligt. Dazu kamen zusätzliche externe Berater und andere Entwickler. Das Gesamtbudget wurde zu Beginn auf 170 Millionen Euro festgesetzt.

Problemfaktoren

  • Abstimmungsprobleme: Durch die breit verteilte Projektstruktur ergaben sich Schwierigkeiten im föderalen Abstimmungsprozess.
  • Zu viele Entscheidungsträger: Alle Bundesländer und die Koordinierungsstelle hatten ein Mitspracherecht.
  • Mangelhafte Planung und Dokumentation: Der Bundesfinanzhof verzichtete auf Darstellung der Projektplanung und -durchführung und erwartete lediglich im Jahr 2000 – also erst acht Jahre nach Projektbeginn – einen Ergebnisbericht.

Ergebnis

Im Jahr 2000 wies das Projekt einen erheblichen Entwicklungsrückstand auf. Kein einziges Teilprodukt war zu diesem Zeitpunkt wie geplant fertig gestellt. Für den Abschluss des Projekts zeichnete sich eine erhebliche Budgetüberschreitung an, was ein hohes Abbruchrisiko darstellte. Dieses Zwischenergebnis bewegte schließlich Bayern dazu, aus dem Projekt auszusteigen, um sein eigenes Projekt EOSS2 (Evolutionär orientierte Steuersoftware) weiterzuentwickeln. Der restliche FISCUS-Verbund entschied sich dazu, das Projekt mit einer anderen Organisationsstuktur weiterzuführen. Dazu wurde die FISCUS GmbH gegründet.

Neustart des Projektes mit der FISCUS GmbH

Mit der privatwirtschaftliche FISCUS GmbH sollte ein Neustart des bereits gescheiterten Projekts durch Outsourcing unternommen werden.

Gründung

Die Gründung wurde durch 15 Bundesländer (alle außer Bayern) und dem Bund unter Führung der Gesellschafter beschlossen. Die Finanzierung erfolgte ebenfalls durch die Länder und den Bund. Wesentlicher Gedanke war es, die Software nun zentral zu entwickeln und damit die Organisation und Kommunikation zu erleichtern und eine klare Auftraggeber-Auftragnehmer-Struktur zu schaffen.

Das Personal wurde hauptsächlich auf dem freien Arbeitsmarkt angeworben. Unterstützt wurde es durch zu Programmierern umgeschulte Verwaltungsfachangestellte und Beamte. Außerdem war die Einbeziehung der bis zu diesem Zeitpunkt in Steuerverwaltungen eingesetzten Beschäftigten erforderlich, um das steuerrechtliche Know-how zu erlangen.

Erneute Probleme

  • Know-how-Transfer: Das mühselig in acht Jahren erarbeitete Wissen wurde nur lückenhaft an die GmbH weitergegeben, wodurch das Projekt quasi wieder bei Null startete.
  • Schlecht geschultes Personal: Aufgrund der hohen Kosten wurden zu wenig gutes Fachpersonal eingestellt.
  • Kein Gesamtkonzept: In den einzelnen Ländern wurden jeweils nur Teilkonzepte erarbeitet.
  • Unklares Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis: Alle Länder fungierten als Auftraggeber mit unterschiedlichen Vorstellungen.

Der Bundesrechnungshof empfahl dem Bund, sich ab 2007 nicht weiter an FISCUS zu beteiligen – denn schließlich sei die Steuererhebung Ländersache.

Projektabbruch

Im Jahr 2004 wurde das Projekt FISCUS endgültig abgebrochen, da das Projektbudget hoffnungslos überschritten worden war und sich mit Sachsen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt weitere fünf Bundesländer aus dem Verbund lösten.

Bis zum Projektende waren lediglich drei Module fertig gestellt worden: Die Online-Stammdatenabfrage (OSA), das Modul „Grunderwerbssteuer“ (GrESt), welches im Finanzamt in Hilden zum Einsatz kam, und das Modul „Bußgeldverfahren und Strafsachen“ (BuStra), welches in Lübeck eingesetzt wurde. Keines dieser drei Module wurde je bundesweit eingesetzt.

Letztendlich folgte die Liquidation der FISCUS GmbH am 31. 2. 2006.

Dauer und Kosten

Die Projektlaufzeit betrug 12 Jahre, die gesamten Entwicklungskosten werden auf 900 Millionen Euro geschätzt. Ein brauchbares Ergebnis gibt es nicht.

Fazit

Das Projekt FISCUS ist nur eines von vielen öffentlichen IT-Projekten, welches durch die schwierigen Verhältnisse und Einschränkungen, die staatliche Projekte mit sich bringen, kläglich gescheitert ist. Meist sind mangelhaftes Projektmanagement und mangelhafte Projektorganisation sowie die Fehleinschätzung der Komplexität derartiger IT-Projekte die ausschlaggebende Faktoren für den Misserfolg.

Der Bund entschloss sich zwar das Projekt FISCUS zu begraben, doch war er mutig genug einen Nachfolger ins Leben zu rufen: Unter dem Namen KONSENS (Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung) will der Bund die Idee einer bundesweit einheitlichen Besteuerungssoftware doch noch verwirklichen.[1] Dieses System baut jedoch auf bereits in den Bundesländern (speziell in Bayern (EOSS) und Nordrhein-Westfalen) eingesetzte Software auf. Bei KONSENS sollen die fünf größten Bundesländer (Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg) die Software gemeinsam entwickeln und den kleinern Ländern anschließend zur Verfügung stellen. Der Bund trägt bei diesem Projekt keinerlei Verantwortung mehr.

Ob dieses Mammut-Projekt in dieser Konstellation zu bewältigen ist, ist noch zu beweisen. Klar ist jedoch, dass FISCUS nicht nur immense Kosten bereitet hat, sondern auch der Misserfolg weiterhin Kosten verursacht; nicht zuletzt durch die Tatsache eines immer noch fehlenden einheitlichen IT-Systems zur Unterstützung der Finanzämter.

Das Projekt FICUS kann als Präzedenzfall für ein gescheitertes Projekt angesehen werden.

Quellen