Klasse (Mengenlehre): Unterschied zwischen den Versionen

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Eine {{Klasse}} fasst, genauso wie eine {{Menge}} bestimmte unterschiedliche Objekte „unseres Denkens oder unserer Anschauung“<ref>{{Quelle|Cantor, G. (1895): Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre}}</ref> zu einer ungeordneten Einheit zusammen.
Eine {{Klasse}} fasst genauso wie eine {{Menge}} bestimmte unterschiedliche Objekte „unseres Denkens oder unserer Anschauung“<ref>{{Quelle|Cantor, G. (1895): Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre}}</ref> mittels der '''Element'''-Beziehung zu einer ungeordneten Einheit zusammen.
 
Allerdings unterscheidet man nun zwei Arten von Klassen:
 
* '''Mengen'''
* '''Unmengen''' (oder '''echte Klassen''')
 
Mengen sind „gutartige“ Klassen, in dem Sinne, dass sie in diversen Klassen als Elemente enthalten sein können.
Unmengen sind dagegen so umfangreich, dass sie in überhaupt keiner Klasse als Element vorkommen können.
 
==Anmerkung==
 
Wie auch in der moderen klassenlosen Mengenlehre, verzichtet man heutzutage darauf, „Urelemente“ definieren, die
keine Klassen sind, aber als Elemente in Klassen enthalten sein können. Stattdessen identifiziert man
Objekte „unseres Denkens oder unserer Anschauung“ mit speziellen Mengen oder Unmengen. Derartige Mengen
können dann an Stelle der eigentlichen Objekte in irgendwelchen Klassen zu ungeordneten Einheiten zusammengefasst werden.
Identifiziert man ein deratiges Objekt mit einer Unmenge, kann es zwar nicht Element irgendeiner Klasse sein,
es kann aber zumindest in irgendwelche Beziehungen zu anderen Klassen stehen.


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Version vom 2. Juni 2013, 18:38 Uhr

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Ursprüngliche Definition

Der Begriff Klasse wurde zu Zeiten, als John von Neumann, Paul Bernays und Kurt Gödel diesem Begriff noch nicht seine heutige Bedeutung gegeben hatten, häufig als Synonym für den Begriff Menge verwendet.[1]

Anschauliche moderne Definition

Eine Klasse fasst – genauso wie eine Menge – bestimmte unterschiedliche Objekte „unseres Denkens oder unserer Anschauung“[2] mittels der Element-Beziehung zu einer ungeordneten Einheit zusammen.

Allerdings unterscheidet man nun zwei Arten von Klassen:

  • Mengen
  • Unmengen (oder echte Klassen)

Mengen sind „gutartige“ Klassen, in dem Sinne, dass sie in diversen Klassen als Elemente enthalten sein können. Unmengen sind dagegen so umfangreich, dass sie in überhaupt keiner Klasse als Element vorkommen können.

Anmerkung

Wie auch in der moderen klassenlosen Mengenlehre, verzichtet man heutzutage darauf, „Urelemente“ definieren, die keine Klassen sind, aber als Elemente in Klassen enthalten sein können. Stattdessen identifiziert man Objekte „unseres Denkens oder unserer Anschauung“ mit speziellen Mengen oder Unmengen. Derartige Mengen können dann an Stelle der eigentlichen Objekte in irgendwelchen Klassen zu ungeordneten Einheiten zusammengefasst werden. Identifiziert man ein deratiges Objekt mit einer Unmenge, kann es zwar nicht Element irgendeiner Klasse sein, es kann aber zumindest in irgendwelche Beziehungen zu anderen Klassen stehen.

Definition in Anlehnung Schmidt[3]

Der Begriff Klasse wird heute in der Mathematik als Verallgemeinerung des Begriffes Menge verwendet.

Definition „Formeln der Mengenlehre“

Eine prädikatenlogische Formel erster Stufe heißt Formel der Mengenlehre (kurz Mengenlehre-Formel), wenn in dieser Formel alle atomare Formeln die Form $x \in y$ haben.

Die Elementbeziehung $\in$ ist also das einzige Prädikatssymbol in einer Mengenlehre-Formel. Alle anderen Symbole entstammen der Prädikatenlogik erstere Stufe: $\vee, \wedge, \neg, \rightarrow, \leftrightarrow, \forall, \exists$ sowie Variablen.

Definition „Klasse“

Eine Klasse zeichnet sich dadurch aus, dss sie Klassen als Elemente enthalten und Element von Klassen sein kann:

Für je zwei Klassen $x$ und $y$ gilt entweder $x$ ist Element von $y$ ($x \in y$)
oder $x$ ist kein Element von $y$ ($\neg(x \in y)$ oder kurz $x \notin y$).

Die Eigenschaften von Klassen werden axiomatisch mit Hilfe von Mengelehre-Formeln für ein „Universum“ $\mathcal{K}$ von Klassen festgelegt.

Weitere Prädikate

Für das Klassenuniversum gibt es diverse weitere Prädikate. Diese werden allerdings alle mit Hilfe der Element-Beziehung (als Abkürzungen für spezielle Mengenlehre-Formeln) definiert.

Eine Klasse $m$, die Element irgendeiner beliebigen Klasse ist, heißt Menge:

$\rm{Mg}(m) \; :\leftrightarrow \; \exists a: m \in a$

Ein Klasse $u$, die kein Element irgendeiner Klasse ist, heißt Unmenge oder echte Klasse:

$\rm{UMg}(u) \; :\leftrightarrow \; \neg\exists a: u \in a \;\;(\leftrightarrow\; \forall u: u \notin a)$

Eine Klasse $a$ heißt Teilklasse einer Klasse $yb$, wenn jedes Element von $a$ auch Element von $b$ ist; alternativ sagt man auch $b$ ist Oberklasse von $a$:

$a \subseteq b \; :\leftrightarrow \; b \supseteq xa \; :\leftrightarrow \; \forall m: (m \in a \rightarrow m \in b)$

Zwei Klassen heißen gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten, anderenfalls heißen sie ungleich:

$a = b \; :\leftrightarrow \; \forall m: (m \in a \leftrightarrow m \in b)$
$a \neq b \; :\leftrightarrow \; \neg(a = b)$

Eine Klasse $a$ heißt echte Teilklasse einer Klasse $b$, falls $a$ Teilklasse von $b$ aber ungleich $b$ ist; alternativ sagt man auch $b$ ist echte Oberklasse von $a$:

$a \subset b \; :\leftrightarrow \; b \supset a \; :\leftrightarrow \;(a \subseteq b \wedge b \neq a)$

Klassenkonstruktion

Wenn $A(m)$ eine (offene) Mengenlehre-Formel ist, in der die Variable $ m $ frei vorkommen kann, dann heißt $\{m|A(m)\}$ Klasse aller Elemente $m$ mit der Eigenschaft $A(m)$.

Auch dieses Termschema (für jedes konkrete Formel $A(m)$ ergibt sich ein konkreter Term), wird als abkürzende Schreibweise für spezielle Mengenlehre-Formeln definiert:

Eine Klasse $a$ ist genau dann ein Element der Klasse $\{m|A(m)\}\,$, wenn $a$ eine Menge ist und $A(a)$ gilt:

$a \in \{m:A(m)\} \;:\leftrightarrow\; \rm{Mg}(a) \wedge A(a)$
$k = \{m:A(m)\} \;:\leftrightarrow\; \forall m: (m \in k \leftrightarrow \rm{Mg}(m) \wedge A(m))$
$\{m:A(m)\} \in b \;:\leftrightarrow\; \exists k: (k = \{m:A(m)\} \wedge k \in b)$

Spezielle Klassen

$\mathcal{\emptyset} := \{x|x\neq x\}$ ist die leere Menge, d.h. diejenige Klasse, die keine Mengen enthält.

$\mathcal{V} := \{x|x=x\}$ ist die Allklasse, d.h. diejenige Klasse, die alle Mengen enthält.

$\mathcal{R} := \{x|x\notin x\}$ ist die Russell-Klasse, d.h. diejenige Klasse, die alle Mengen enthält, die sich nicht selbst enthalten.

Axiomensysteme

Dass auf die zuvor beschriebene Weise ttsächlich Klassen gebildet werden können und welche dieser Klassen Mengen sind, wird axiomatisch festgelegt.

Insbesondere muss axiomatisch sichergestellt werden, dass es sich bei der leeren Menge tatsächlich um eine Menge und nicht um eine Unmenge handelt. Ansonsten hätte man Schwierigkeiten, überhaupt irgendwelche Mengen zu definieren.

Anmerkungen

In der klassenbasierten Mengenlehre wird heutzutage ebenso wie in der „reinen“ Mengenlehre auf die Definition von „Urelementen“ verzichtet. Die leere Menge reicht als Urelement aus. Wenn man irgendwelche realen oder abstrakten Objekte in Klassen zusammenfassen will, so muss man zunächst die diese Objekte mit bestimmten Klassen identifizieren. Man muss also für jedes Objekt eine Klasse definieren, die diese Objekt repräsentiert.

Beispiel[4]:

$0 := \{\}$
$1 := 0 \cup \{0\} = \{\{\}\}$
$2 := 1 \cup \{1\} = \{0, 1\} = \{\{\}, \{\{\}\}\}$
$3 := 2 \cup \{2\} = \{0, 1, 2\} = \{\{\}, \{\{\}\}, \{\{\}, \{\{\}\}\}\}$
$\vdots$

(wobei $x \in a \cup b \; :\leftrightarrow \; x \in a \vee x \in b$)

Abschließend kann man auch beliebige natürliche Zahlen in Klassen zusammenfassen. Genaugenommen werden allerdings keine natürlichen Zahlen, sondern deren Stellvertreter zu Klassen zusammengefasst:

$\{0,2\}= \{\{\},\{\{\{\}\},\{\}\}\}$
$\vdots$

Man beachte, dass die Repräsentanten der natürlichen Zahlen so definiert wurden, dass sie genau alle ihre Vorgänger als Elemente enthalten. Dies hat sich als besonders nützlich erwiesen. Aber es gibt selbstverständlich noch zahlreiche andere Möglichkeiten, natürliche Zahlen durch Klassen zu repräsentieren.

Beispiel für eine Alternativ-Definition der natürlichen Zahlen:

$0 := \{\}$
$1 := \{\{\}\}$
$2 := \{\{\{\}\}\}$
$3 := \{\{\{\{\}\}\}\}$
$\vdots$

Einfache Lemmata

Mengegleichheit

Die Gleichheitsrelaion ist eine Äquivalenzrelation:

$\forall a: a = a$
$\forall a, b: a = a \leftrightarrow b = a$
$\forall a,b,c : a=b \wedge b=c \rightarrow a=c$

Die leere Menge

Die leere Menge erfüllt die Bedingung $\forall x: x \notin \emptyset$.

Es gibt nur eine leere Menge. Gäbe es eine zweite, so würde sie dieselben Elemente beinhalten wie die erste (nämlich keine) und wäre damit zur ersten gleich.

Alternative Definition des Begriffs Menge

Ein Klasse $m$ ist eine Menge, wenn sie Element der Allklasse ist:

$\mbox{Mg}(m) \leftrightarrow m \in \mathcal{V}$

Alternative Definition des Begriffs Unmenge oder echte Klasse

Eine Klasse $u$ ist eine Unmenge oder echte Klasse, wenn sie kein Element der Allklasse ist:

$\rm{UMg}(m) \leftrightarrow m \notin \mathcal{V}$

Beispiel für eine echte Klasse

Die Unterscheidung zwischen Mengen und Unmengen stellt eine Möglichkeit dar, das Problem der Russellschen Antinomie zu vermeiden:

Die Russell-Klasse ist eine echte Klasse, denn sonst wäre $ \mathcal R \in \mathcal R \Leftrightarrow \mathcal R\notin \mathcal R $.

Auch die Allklasse ist eine echte Klasse. Dies kann aber erst mit Hilfe weiterer Axiome gezeigt werden.

Quelle

  1. siehe beispielsweise Russell (1903): Bertrand Russell; The Principles of Mathematics; Auflage: 2; Verlag: W. W. Norton & Company; Adresse: Berlin; Web-Link; 1903; Quellengüte: 5 (Buch)
  2. Cantor (1895): Georg Cantor; Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre; in: Mathematische Annalen; Band: 46; Nummer: 4; Seite(n): 481 – 512; Verlag: B. G. Teubner Verlag; Adresse: Leipzig; ISSN: 00255831 (Papier), 14321807 (Online); Web-Link 0, Web-Link 1, Web-Link 2, Web-Link 3; 1895; Quellengüte: 5 (Artikel)
  3. Schmidt (1966): Jürgen Schmidt; Mengenlehre – Grundbegriffe; Reihe: B.I.Hochschultaschenbücher; Band: 1; Nummer: 56; Verlag: Bibliographisches Institut AG; Adresse: Mannheim; ISBN: B0000BUJC6; 1966; Quellengüte: 5 (Buch)
  4. Quelle fehlt

Siehe auch

  1. Felscher (1978): W. Felscher; Naive Mengen und abstrakte Zahlen; Band: 1; Verlag: BI-Wissenschaftsverlag; Adresse: Mannheim; ISBN: 3-411-01538-1; 1978; Quellengüte: 5 (Buch)
  2. Ebbinghaus (2003): Heinz-Dieter Ebbinghaus; Einführung in die Mengenlehre; Reihe: Hochschultaschenbuch; Auflage: 4; Verlag: Spektrum Akademischer Verlag; Adresse: Heidelberg, Berlin; ISBN: 3-8274-1411-3; 2003; Quellengüte: 5 (Buch)

Siehe auch