Kritischer Pfad und Kritische Kette (Vergleich)/Zusammenfassung des Beispiels

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Projekt „Web-Auftritt der Metzgerei Meier“

Gegeben sei folgendes fiktive Projekt zur Erstellung eines Web-Auftritts der „Metzgerei Meier“:

Nr. Vorgang Vorgänger Ressourcen min. real. max. $μ$ $σ$ $μ +2σ$ kons. kons. $-$ $μ$
1 Projektstart
2 Konzeption 1 Designer, Informatiker 2 3 6 3 0,4 3,8 4 1
3 Gestaltung Wireframes 2 Designer 4 5 20 7 1,9 10,8 11 4
4 Gestaltung Style 3 Designer; Informatiker 2 4 6 4 0,4 4,8 5 1
5 Implementierung Backend 2 Informatiker 2 3 12 4 1,1 6,2 6 2
6 Implementierung Frontend 3, 5 Informatiker 3 4 15 5 1,4 7,8 8 3
7 Implementierung Style 4, 6 Designer; Informatiker 1 2 5 2 0,4 2,8 3 1
8 Contenterstellung: Text 1 Redakteur 2 3 5 3 0,4 3,8 4 1
9 Contenterstellung: Bild 8 Redakteur 1 2 3 2 0,4 2,8 3 1
10 Integration 4, 7, 9 Designer, Informatiker, Redakteur 2 2 3 2 2,6 0,3 3 1
11 Projektende 10
  1. Aktivitätstrukturplanung: Festlegung der einzelnen Vorgänge (Spalte „Vorgang“)
  2. Netzwerkplanung: Festlegung von Ende-Anfang-Beziehungen zwischen den Vorgängen (Spalte „Vorgänger“)
  3. Resourcenplanung: Festlegung des benötigten Mitarbeiter (Spalte „Ressourcen“)
  4. Dreipunkt-Schätzung: Schätzung der Dauer gemäß CCPM/PERT (erste gelbe Spalte), Schätzung der Dauer gemäß CPM/MPM (zweite gelbe Spalte)

Klassisches Projektmanagement (mit Ressourcenüberlastung)

Kritischer Pfad mit Ressourcenüberlastung

MS Project zeigt eine Ressourcenüberlastung für die Vorgänge 4 und 6 an: Der Informatiker müsste an beiden Vorgängen gleichzeitig arbeiten.

Klassisches Projektmanagement (mit Resource Leveling)

CPM resource leveling marked.png

Um die Überlast aufzuheben, werden neue Ende-Anfang-Beziehungen eingefügt, die erzwingen, dass der Informatiker eine Aufgabe nach der anderen erledigt.

Klassisches Projektmanagement (mit Resource Leveling, vereinfacht)

CPM resource leveling simplified marked.png

Um das Diagramm etwas übersichtlicher zu gestalten, kann man Abhängigkeiten entfernen, die sich transitiv aus anderen ergeben. Notwendig ist das aber nicht.

Und es ist auch ein wenig gefährlich, falls sich später Änderungen bei den Abhängigkeiten oder den Ressourcen ergeben sollten. In so einem Fall können Beziehungen, die zuvor wegen Redundanz gelöscht wurden, plötzlich wieder wichtig werden.

Critical-Chain-Projektmanagement (mit zu viel Puffer)

CCPM too much buffer marked.png

Aus einem kritischem Pfad wird eine kritische Kette, wenn man die Dauer alle Vorgänge bis zum Erwartungswert kürzt $\mu$ – d. h. jeder Vorgang wir nur in ca. 50 % der Fälle fristgerecht beendet – und im Gegenzug am Ende des kritischen Pfades einen Projektgesamtpuffer einfügt, der die Kürzungen kompensiert.

Vorteile:

  • Eine kürzere Vorgangsdauer vermindert die Problematik des Parkinsonschen Gesetzes bzw. des Studentensyndroms.
  • Die Unterscheidung zwischen internem Projektende (zu Beginn des Projektgesamtpuffers) und offiziellem Ende (am Ende des Projektgesamtpuffers) bietet eine zusätzliche Controlling-Möglichkeit. Der aktuelle Pufferverbrauch ist in guter Risikoindikator, um frühzeitig Terminprobleme zu erkennen.

Resource Leveling ist Pflicht.

Critical-Chain-Projektmanagement

CCPM marked.png

Der Zentrale Grenzwertsatz der Statistik legt nahe, dass man den Projektgesamtpuffer deutlich reduzieren kann. Es ist nicht notwendig, den Puffer, der beim klassischen kritischen Pfad in den einzelnen Vorgängen enthalten ist, auzuaddieren. Es reicht aus, die Quadrate dieser impliziten Vorgangspuffer aufzuaddieren und aus dieser Summe die Wurzel zu ziehen.

Vorteile:

  • Die Gesamtdauer des Projektes (offizieller Endtermin) rückt i. Allg. deutlich nach vorne.
  • Der Grenzwertsatz bietet einen Freiheitsgrad (Faktor $n$), mit Hilfe dessen der Projektleiter die Wahrscheinlichkeit festlegen kann, mit der das Projekt fristgerecht beendet wird.

Glodratt schlägt überdies vor, nicht-kritische „Zubringerketten“ so spät wie möglich zu beginnen. Das heißt, es wird nicht der gesamte Puffer ausgenutzt, der den nicht-kritischen Vorgängen gemäß der Rückwärtsrechnung zur Verfügung steht. Der Start der Zubringerketten wird jeweils soweit nach hinten verschoben, dass nur noch soviel Puffer zur Verfügung steht, wie laut Grenzwertsatz notwendig ist, damit es mit großer Wahrscheinlichekeit zu keinen Verzögerungen bei der kritischen Kette kommt.

(Wenn gemäß Grenzwertsatz mehr Puffer benötigt wird, als laut Rückwertsrechnung zur Verfügung steht, muss der Puffermehrbedarf in den Projektgesamtpuffer– genauer: in den Puffer der Nachfolgerkette – integriert werden.)

Vorteile:

  • Änderungen sind bei nicht-kritischen Vorgängen deutlich länger möglich, ohne dass schon Fakten geschaffen wurden.
  • Die kürzere Laufzeit der Zubringerketten vermindert ebenfalls die Problematik des Parkinsonschen Gesetzes bzw. des Studentensyndroms.