Universum (Mathematik): Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Container_mengenlehre.png|mini|230px|Ein mögliches Universum der [[Mengenlehre]]]]
In der [[Mathematik]] und insbesondere in der [[Logik]] und der [[Mengenlehre]] bezeichnet man die Gesamtheit aller Objekte, für die [[Aussage]]n gemacht werden, häufig als '''Universum'''. Der [[Wahrheitswert]] einer Aussage hängt immer vom zugrundeliegenden Universum ab. Zum Beispiel ist die Aussage „Es gibt ein kleinstes Element“ für die
[[natülichen Zahlen]] wahr und für die [[ganzen Zahlen]] falsch.
 
Neben dem Begriff '''Universum''' gibt es zahlreiche weitere Begriffe, wie '''Gegenstandsbereich''' oder '''Individuenbereich''' (letzterer bezeichnet allerdings in der [[Mengenlehre]] teilweise auch nur
einen Teilbereich des Universums). Im angelsächsischem Sprachraum haben sich die Begriffe '''universe of discourse''' ('''Diskursuniversum'''), '''domain of discourse''' ('''Diskursbereich''', '''Diskursdomäne''') oder auch '''universal set''' ('''Universalmenge''') eingebürgert.
 
In einem Universum gibt es meist unterschiedliche Arten von Objekten. Beispielsweise beinhaltet das Universum einer [[Geometrie|geometrischen]] [[Theorie]]
üblicherweise [[Punkt]]e, [[Gerade]]n und [[Ebene]]n. Auch in einem Universum der [[Mengenlehre]] werden zumeist mindestens zwei Arten von Objekten unterschieden
[[Komprehension|Individuen und Container]]. Container ([[Klasse]]n) fassen beliebig viele Individuen ({{zB}} [[Urelement]]e) zu einer Einheit zusammen.
Spezielle Klassen ([[Menge]]n) – aber beileibe nicht alle Klassen (vgl. [[Russellsches Paradoxon]]) – sind ebenfalls Individuen und können damit auch in Klassen enthalten sein.
 
In der nachfolgenden Definition wird der Begriff '''Universum''' auch für informationstechnische Systeme – wie etwa [[Datenbanksystem]]e, [[Web-Anwendung]]en, [[Computerspiel]]e etc. – eingeführt.
Für derartige Systeme ist dieser Begriff weniger verbreitet. Man spricht zumeist von [[Datentyp]]en (''data types'') oder – vor allem in der theoretischen Informatik – von [[Typentheorie (Informatik)|Typentheorie]] (''type theory'').<ref name="Sebesta (2016)">{{Quelle|Sebesta (2016)}}</ref> Das Universum eines informationstechnischen Systems
ist durch die Gesamtheit aller zugehörigen Datentypen festgelegt
(nicht jedoch durch die Gesamtheit aller Objekte, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im System existieren).  Es enthält alle Objekte des Systems, die potentiell erzeugt, manipuliert und auch wieder zerstört werden können.
 
==Definition „Universum“ ([[W. Kowarschick]])==
 
Einer [[Theorie|mathematischen Theorie]] oder einem [[Programmierung|informationstechnischen System]]
liegt {{iAllg}} ein mindestens ein '''Universum''' zugrunde, das alle [[Objekt]]e umfasst, die in der Theorie behandelt bzw. vom System
(potentiell) verarbeitet werden können. Eine mathematische Theorie ist üblicherweise für viele, oft sogar für unvorstellbar viele unterschiedliche Universen
definiert. Einem informationstechnischen System liegt dagegen im Allgemein genau ein Universum zugrunde, das sich aber mit der Zeit ändern kann.
 
'''Anzahl der Universen'''<br/>
Für mathematische Theorien wird das Universum {{iAllg}} mit Hilfe einer [[Metatheorie]] durch [[Interpretation (Mathematik)|Interpretation]]
und [[Modell (Mathematik)|Modellbildung]] festgelegt. Zu einer Theorie gibt es normalerweise '''sehr''' viele unterschiedliche Möglichkeiten,
das Universum zu interpretieren. Man denke nur an die [[Gruppe|Gruppentheorie]]. Es gibt eine unüberschaubare Anzahl von Gruppen,
für die die Gruppenaxiome gelten, für die also alle Aussagen gelten, die sich aus den Gruppenaxiomen ableiten lassen.
 
In der Informatik ist für jedes System üblicherweise genau ein Universum definiert, das sich allerdings manchmal im Laufe der Zeit ändern kann:
* Für Programmiersprachen sind [[Datentyp]]en vorgegeben, mit den Objekte und gegebenfalls auch weitere Datentypen erstellt werden können. Beispielsweise wird das [[LISP]]-Universum mit Hilfe [[atomarer Datentyp|atomaren Datentypen]], wie [[Zahl]]en, [[Zeichenkette]]n und [[Symbol]]en, sowie einem einzigen [[komplexer Datentyp|komplexen]] Datentyp, dem [[geordnetes Paar]], definiert.<ref name="McCarthy et. al. (1960)">{{Quelle|McCarthy et. al. (1960)}}</ref>
* Für jede [[Datenbank]] eines [[Datenbanksystem]]s wird das zugehörige Universum mit Hilfe eines [[Datenbankschema]]s festgelegt. Dieses Schema kann mit Hilfe von DDL-Befehlen (DDL = [[Data Definition Language]]) jederzeit verändert werden.<ref name="Ullman (1988)">{{Quelle|Ullman (1988)}}</ref>
 
'''Anzahl der Elemente eines Universums'''<br/>
Seit [[Georg Cantor]]s Arbeiten über die Mächtigkeit von Mengen ist bekannt, dass es nicht nur [[abzählbar]]e ({{dh}} [[endliche]] und [[abzählbar unendlich]]e) Mengen
gibt, sondern auch [[überabzählbare]].<ref name="Cantor (1874)">{{Quelle|Cantor (1874)}}</ref> Zu jedem noch so umfangreichen Universum gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Universen, die (sehr viel) mehr Elemente enthalten.<ref name="Cantor (1895)">{{Quelle|Cantor (1895)}}</ref>
 
Ein Universum eines informationstechnischen Systems enthält dagegen {{iAllg}} nicht mehr als abzählbar viele Elemente.
Die [[atomarer Datentyp|atomaren Datentypen]] (<code>Boolean</code>, </code>Integer</code>, <code>Float</code> etc.)
enthalten fast immer nur endliche viele Elemente, da die Anzahl der Bits, die zur Repräsentation dieser Werte verwendet werden darf, üblicherweise beschränkt ist.
Komplexe Datentypen, wie [[Liste (Informatik)|Liste]]n, [[Baum (Informatik)|Bäume]], [[Zeichenkette]]n etc, enthalten dagegen abzählbar unendlich
viele Elemente, da Listen beliebig lang, Bäume beliebig groß etc. werden können. (Genau genommen können auch derartige Objekte nicht beliebig groß werden,
da sie üblicherweise mit Hilfe von Zeigern ([[Pointer]]/[[Verweise]]) gebildet werden. Zeiger werden meist mit Hilfe von system- oder hardwarespezifischen
Integerzahlen realisiert, und derartige Integerzahlen sind stets längenbeschränkt. Das heißt, es gibt nur endlich viele Pointer, und da es auch nur endliche viele atomare Objekte gibt, gibt es schlussendlich nur endlich viele komplexe Objekte. Bei theoretischen Betrachtungen, werden aber derartige Beschränkungen üblicherweise nicht berücksichtigt.)
 
'''Anzahl der tatsächlich vorhandenen Elemente eines IT-Systems'''<br/>
Wie soeben begründet wurde, enthält ein informationstechnisches Universum {{iAllg}} abzählbar unendlich viele Elemente. Ein reales laufendes
IT-System enthält dagegen mit Sicherheit immer endlich viele Objekte (die dem zugehörigen Universum entstammen), und zwar dem einfachen Grund,
dass es nur endlich viel Speicher gibt. Ein theoretisches IT-System, wie beispielsweise eine [[Turingmaschine]], enthält üblicherweise
abzählbar unendlich viele Speicherzellen und kann daher auch abzählbar unendlich viele Objekte erzeugen. Dafür benötigt es aber auch mindestens abzählbar unendlich viele
Taktzyklen. Zum Beispiel erzeugt folgender Algorithmus $\omega$ Brüche ($\omega$ ist die Mächtigkeit der natürlichen Zahlen $\mathbb{N}$) der Art <!--$\scriptsize{1/2^i}$--> $\frac{1}{2^i}$ ($i \in \mathbb{N}$) und gibt nach $\omega$ Schritten „<code>Achilles benötigt 2 Zeiteinheiten</code>“ als Ergebnis aus. Das Universum dieses [[Algorithmus]] umfasst alle [[natürliche Zahlen|natürliche]] und alle [[rationale Zahlen]], {{dh}} insgesamt abzählbar unendlich viele Elemente, wie man [[Diagonalargument|in Anlehnung an Cantor]]<ref name="Cantor (1895)"/> leicht zeigen kann.
 
<source lang="javascript">
// Archilles ist doppelt so schnell wie die Schildkröte. Sie veranstalten ein Wettrennen.
// Nach wie vielen Zeiteinheiten überholt Archilles die Schildkröte, wenn er
// hinter ihr startet und in einer Zeitheitheit den Startpunkt der Schildkröte erreicht?
var result: rational = 1;
 
for each (var i in natural)
{ result += 1/Math.pow(2,i); }
 
console.log("Achilles benötigt " + result + " Zeiteinheiten");
</source>
 
==Definition „Universe of Discourse“ ([[Langenscheidt Online-Wörterbuch]]<ref>{{Quelle|Langenscheidt_Online-Wörterbuch}}</ref>)==
'''Universe of Discourse''' (Übersetzung „Englisch → Deutsch“):  ''in logic: geistiger Raum einer Abhandlung''
 
==Definition „Konzeptuelles Schema“ ([[Kern-Bausch, Jeckle (2001)]], S. 473<ref name="Schneider, Werner (2001)|Kern-Bausch, Jeckle (2001)">{{Quelle|Schneider, Werner (2001)|Kern-Bausch, Jeckle (2001}}</ref>)==
<i>Ein '''konzeptuelles Schema''' beschreibt den relevanten Informationsbereich, den die Datenbank repräsentiert
(auch Miniwelt oder</i> Universe of Discourse </i> (UoD) genannt), insbesondere auch die Gesetzmäßigkeiten, denen die Information unterliegt.</i>
 
==Definition „Universe of Discourse“ ([[Menne (1973)]], S. 23<ref name="Menne (1973)">{{Quelle|Menne (1973)}}</ref>)==
'''Universe of Discourse''': ''...;'' komplementäre ''Begriffe erschöpfen zusammen den gesamten Diskussionsbereich, das sogenannte''
universe of discourse'', {{dh}} den Bereich der Gegenstände, der überhaupt zur Debatte steht. Beispiele: Mensch – Nichtmensch; Europäer – Nichteuropäer; Metall – Nichtmetall''.
'''Anmerkung'''<br/>
Diese Definition des Begriffs „Universe of Discourse“ geht auf die Definition des Begriffs „Universe“ von
[[Augustus De Morgan]] aus dem Jahr 1847 zurück (siehe dessen Definiton im Abschnitt [[Universum_(Mathematik)#Definition_.E2.80.9EUniverse.E2.80.9C_.28De_Morgan_.281847.29.2C_S._37.2C_38.2C_41.2C_55.5B5.5D.29|Gechichte]]).<ref name="De Morgan (1847)"/>
 
Die Beispiele ''Europäer – Nichteuropäer'' und ''Metall – Nichtmetall'' sind zweideutig.
Üblicherweise versteht man unter ''Nichteuropäern'' Menschen, die nicht aus Europakommen und unter
''Nichtmetallen'' chemische Elemente, die keine Metalle sind. Wenn allerdings
der „Universe of Discourse“ alles ''Realseiendes'' (Menne, S29; er skizziert dort den ''arbor Porphriana'' von [[Porphyrios von Tyrus]] (233 – 300))
umfasst, muss auch ein Stuhl sowohl als ''Nichteuropäer'', als auch als ''Nichtmetall'' aufgefasst werden.
 
==Definition „Universe of Discourse“, „Gegenstandsbereich“ ([[Menne (1973)]], S. 77<ref name="Menne (1973)"/>)==
'''Universe of Discourse''', '''Gegenstandsbereich''' ([[Prädikatenkalkül]] und [[Klassenkalkül]]): ''Bereich der Dinge, die überhaupt in Betracht kommen''
 
'''Anmerkung'''
 
Menne geht im Anschluss an seine zweite Definition des Begriffs „Universe of Discourse“ auf die im vorangehenden Abschnitt skizzierte Problematk ein.
Er verdeutlicht, dass nicht der Komplementärbegriff das Universum bestimmt, sondern umgekehrt das Universum den Komplementärbegriff (vgl. [[Quine (1954)]] bzw. [[Quine (1995)]], S. 51<ref>{{Quelle|Quine (1954)}}</ref><ref>{{Quelle|Quine (1995)}}, S. 51</ref>).
Bei der Bedeutung des Komplementsbegriffs kommt es auf die Wahl des ''Gegenstandsbereiches'' an.
Wenn der Gegenstandsbereich beispielsweise alle ''Raubtiere'' umfasst, ist ein ''Nichtlöwe'' stets ein Raubtier, wie {{zB}} ein Wolf, ein Leopard oder ein Fuchs.
Wenn man dagegen die ''Landtiere'' betrachtet, gehören auch Elefanten, Igel und Regenwürmer zu den ''Nichtlöwen''.
Menne gibt weitere ''Nichtlöwen''-Beispiele für die Gegenstandsbereiche ''Tiere'', ''Lebewesen'', ''körperliche Dinge'', ''Gegenstände'' (zu denen er auch
''Dreiecke'', ''Rotkäppchen'' und ''Zeus'' zählt) und schließlich für den Bereich ''aller überhaupt möglichen Dinge'' an.
(Anmerkung WK: Es ist nicht klar, was der Bereich ''aller überhaupt möglichen Dinge'' überhaupt sein soll. Ist beispielsweise der
''Gegenstandsbereich aller nicht formal definierbaren Dinge'' ein mögliches Ding? Enthält sich der Bereich ''aller überhaupt möglichen Dinge'' oder
der Bereich ''aller nicht formal definierbaren Ding'' selbst? )
 
Menne trifft folgende Vereinbarung: <i>Ist der Gegenstandsbereich nicht ausdrücklich eingeschränkt, so soll dieser weiteste Bereich genommen werden,
der alle die Gegenstände umfasst, die nicht</i> in sich widerspruihsvoll <i>sind (wie viereckige Kreise zum Beispiel).</i> Er betont allerdings,
dass im normalen Sprachgebrauch viele  Gegenstandsbereiche implizit vorgegeben sind, wie {{zB}} bei ''Nichtrauchern'', ''Nichtschwimmern'',
''Nichtmetallen'' etc.
 
{{TBD|Definition Definition Hermes Logik}}
 
==Geschichte==
[[Datei:De Morgan 1846 11 09.png|mini|300px|Datum der vermutlich ersten Definition des Logikbegriffs „Universum“.]]
 
Der Begriff „Universum“ wurde laut [[Charles Sanders Peirce]] und [[Christine Ladd-Franklin]]<ref name="Peirce, Ladd-Franklin (1902)"/>
im Jahr 1846 von [[Augustus De Morgan]] in den [[De Morgan (1846)|Transactions of the Cambridge Philosophical Society]]<ref name="De Morgan (1846)"/>
für die mathematische Logik eingeführt. Am 9. November 1846 wurde der Artikel tatsächlich von De Morgan zur Publikation eingereicht, aber der Sammelband,
in dem der Artikel enthalten ist, wurde erst [[1849]] publiziert. Im Jahre 1847 veröffentlichten De Morgan und [[George Boole]] zwei bahnbrechende Bücher,
in denen der Begriff '''Universum''' – sehr wahrscheinlich
unabhängig voneinander – ebenfalls eingeführt wird: “[[De Morgan (1847)|Formal Logic]]”<ref name="De Morgan (1847)"/>  (De Morgan)
und “[[Boole (1847)|The Mathematical Analysis of Logic]]”<ref name="Boole (1847)"/> (Boole). Dies waren vermutlich die ersten Veröffentlichungen zu diesem Thema.
Sowohl De Morgan als auch Boole legten viel Wert auf den Komplementbegriff: Ein [[Menge (Mengenlehre)|Klasse]] K (De Morgan spricht vom „Namen“ K) und
ihr Komplement  Nicht-K haben keine gemeinsamen Elemente, enthalten aber zusammen alle Elemente des zugrundeliegenden Universums.
 
[[1854]] hat George Bool in seinem zweiten großen Werk “[[Boole (1854)|An Investigation of The Laws of Thought]]”<ref name="Boole (1854)"/>
den noch heute üblichen Begriff “universe of discourse” geprägt, welcher [[1902]] erstmals Eingang in ein [[Wörterbuch]] fand.
Diesen Eintrag haben der begnadete Philosoph, Logiker und Mathematiker [[Charles Sanders Peirce]] sowie seine hochbegabte
Schülerin [[Christine Ladd-Franklin]] verfasst.<ref name="Peirce, Ladd-Franklin (1902)"/>  (Christine Ladd-Franklin war die erste Frau, die
eine Promotion in Mathematik geschrieben hat, allerdings wurde diese erst 44 Jahre später formal anerkannt.<ref>{{Quelle|Kass-Simon, Farnes (1990)}}, S. 123, S. 144</ref>)
 
===Definition „Universe“ ([[De Morgan (1846)]], S. 380<ref name="De Morgan (1846)">{{Quelle|De Morgan (1846)}}</ref>)===
[[Datei:DeMorgan 1846 Universe p380.png|mini|300px|Die vermutlich erste Definition des Begriffes „Universum“ für die Logik.]]
<i>Writers on logic, it is true, do not find
elbow-room enough in anything less than the whole universe of possible conceptions; but the
universe of a particular assertion or argument may be limited in any matter expressed or understood.
And this without limitation or alteration of any one rule of logic.</i>
 
$...$
 
<i>By not dwelling upon this power of making what we may properly (inventing a new technical
name) call the [[Universum (Mathematik)|universe]] of a proposition, or of a name, matter or express definition, all rules
remaining the same, writers on logic deprive themselves of much useful illustration.</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)'''<br/>
<i>Es ist wahr, dass Logik-Autoren nicht genug Ellbogenfreiheit in weniger als dem gesamten Universum der möglichen Konzepte vorfinden;
aber das Universum einer bestimmten Aussage oder eines bestimmten Arguments kann auf jede Art eingeschränkt werden,
die ausgedrückt oder verstanden werden kann. Und das ohne Einschränkung oder Änderung irgendeiner logischen Regel.
</i>
 
$...$
 
<i>Wenn Logik-Autoren nicht näher auf dieses Potential eingehen, mittels einer inhaltlichen oder expliziten Definition das zu machen,
was wir angemessenerweise (indem wir einen neuen technischen Begriff erfinden)
das [[Universum (Mathematik)|Universum]] einer Aussage oder eines Namens nennen, wobei alle Regeln dieselben bleiben,
berauben sie sich selbst einer sehr nützlichen Darstellungsmöglichkeit.</i>
 
===Definition „Universe“ ([[De Morgan (1847)]], S. 37, 38, 41, 55<ref name="De Morgan (1847)">{{Quelle|De Morgan (1847)}}</ref>)===
 
<i>Let us take a pair of contrary names, as man and not-man.
It is plain that between them they represent everything imaginable
or real, in the universe. But the contraries of common language
usually embrace, not the whole universe, but some one general
idea. Thus, of men, Briton and alien are contraries: every
man must be one of the two, no man can be both. Not-Briton
and alien are identical names, and so are not-alien and Briton.</i>
 
...
 
<i>
Names may be represented by the letters of the alphabet: thus
A, B, &c., may stand for any names we are considering, simple or
complex. The contraries may be represented by not-A, not-B,
&c., but I shall usually prefer to denote them by the small letters
a, b, &c. Thus, everything in the universe (whatever that universe
may embrace) is either A or not-A, either A or a, either
B or b, &c. Nothing can be both B and b; every not-B is b,
and every not-b is B: and so on.</i>
 
...
 
<i>But if we remember that in many, perhaps most, propositions, the
range of thought is much less extensive than the whole universe,
commonly so called, we begin to find that the whole extent of a
subject of discussion is, for the purpose of discussion, what I have
called a universe, that is to say, a range of ideas which is either
expressed or understood as containing the whole matter under
consideration. In such universes, contraries are very common:
that is, terms each of which excludes every case of the other,
while both together contain the whole.</i>
 
...
 
<i>By the universe of a proposition, I mean the whole range of names
in which it is expressed or
understood that the names in the proposition are found. If there
be no such expression nor understanding, then the universe of the
proposition is the whole range of possible names. If, the universe
being the name U, we have a right to say ' every X is Y ,'
then we can only extend the universe so as to make it include all
possible names, by saying 'Every X which is U is one of the Ys
which are Us,' or something equivalent.</i>
 
...
 
<i>Names which are contraries in one universe, are
not necessarily so in a larger one. Thus in geometry, when the
universe is '''one plane''', pairs of straight lines are either parallels or
intersectors, and never both: parallels and intersectors are then
contraries. But when the student comes to solid geometry, in
which '''all space''' is the universe, there are lines which are neither
parallels nor intersectors; and these words are then not contraries.
But names which are contraries in the larger and containing
universe, are necelsarily contraries in the smaller and contained,
unless the smaller universe absolutely exclude one name, and then
the other name is '''the''' universe.</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)'''<br/>
Lassen Sie uns ein Paar gegensätzlicher Namen nehmen, wie Mensch und Nicht-Mensch.
Es ist offensichtlich, dass sie zusammen alles Vorstellbare oder Reale im Universum repräsentieren.
Aber Gegensätze umfassen in der Gemeinsprache üblicherweise nicht das gesamte Universum,
sondern eine allgemeine Idee. Auf diese Weise sind, hinsichtlich Menschen, Briten und Ausländer Gegensätze:
Jeder Mensch muss eines von beiden sein, niemand kann beides sein. Nicht-Briten und Ausländer sind identische Namen,
genauso wie Nicht-Ausländer und Briten.
 
...
 
Namen können durch die Buchstaben des Alphabets repräsentiert werden:
So können A, B etc. für alle Namen stehen, die wir betrachen, einfach oder komplex.
Die Gegenteile könnten durch Nicht-A, Nicht-B etc. repräsentiert werden, aber normalerweise
bevorzuge ich, sie durch Kleinbuchstaben a, b etc. zu kennzeichnen. So is alles im Universum
(was auch immer das Universum umfasst)
entweder A oder Nicht-A, entweder A oder a, entweder B oder b etc. Nichts kann beides sein, B und b;
jedes Nicht-B ist b und jedes Nicht-b ist b: und so weiter.
 
...
 
Aber wenn wir uns daran erinnern, dass in vielen, möglicherweise den meisten Aussagen
der Bedeutungsbereich viel weniger das gesamte Universum ist, wie es üblicherweise verstanden wird,
fangen wir an zu erkennen, dass der gesamte Umfang eines Gesprächsgegenstandes,
für den Zweck der Diskussion das ist, was ich Universum genannt habe,
das heißt ein Bereich von Ideen, der entweder formuliert oder nachvollziehbar
den gesamten Betrachtungsgegenstand enthält. In derartigen Universen sind Gegensätze ziemlich üblich:
Das heißt, Terme von denen jeder einzelne jeden Einzelfall des anderen ausschließt,
während beide zusammen das Gesamte beinhalten.
 
...
 
Unter dem Universum einer Aussage verstehe ich den gesamten Bereich,
in dem sie formuliert ist oder in dem vorausgesetzt wird, dass die 
Namen in der Aussage gefunden werden. Wenn es keine derartige
Formulierung oder Voraussetzung gibt, dann ist das Universum
der Aussage der gesamte Bereich möglicher Namen.
Wenn das Universum der Name U ist und wir somit das Recht
haben ‚Jedes X ist Y‘ zu sagen, dann können wir das Universum nur erweitern,
indem wir die Aussage so machen, dass sie alle möglichen Namen enthält,
indem wir ‚Jedes X, welches U ist, ist eines der Ys die Us sind‘ sagen oder etwas Äquivalentes.
 
...
 
Namen, die in einem Universum Gegenteile voneinander sind, sind dies nicht notwendigerweise auch in einem größeren Universum.
So sind in der Geometrie, wenn das Universum eine '''Ebene''' ist, Paare von geraden Linien entweder Parallelen oder Schneidende, aber niemals beides.
Parallelen und Schneidende sind hier Gegenteile voneinander. Wenn aber ein Student zur soliden Geometrie kommt, in der der '''gesamte Raum''' das Universum ist,
gibt es Linien, die weder Parallelen noch Schneidende sind; dann sind diese Wörter keine Gegenteile voneinander. Aber Namen, die im größeren und beinhaltenden
Universum Gegenteile voneinander sind, sind dies notwendigerweise auch in den kleineren und enthaltenen, sofern das kleinere Universum nicht einen
Namen ganz ausschließt und dann der andere Name '''das''' Universum ist.
 
===Definition „Universe“ ([[Boole (1847)]], S. 15<ref name="Boole (1847)">{{Quelle|Boole (1847)}}</ref>)===
 
<i>Let us employ the symbol '''1''', or unity, to represent the Universe, and let us understand it as comprehending every conceivable class of objects whether actually existing or not, it being premised that the same individual may be found in more than one class, inasmuch as it may possess more than one quality in common with other individuals.</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)'''<br/>
Lassen Sie uns das Symbol oder die Einheit '''1''' dazu benutzen, dass Universum zu repräsentieren, und lassen Sie es uns so verstehen, dass es jede
denkbare Klasse von Objekten umfasst, ob sie tatsächlich existieren oder auch nicht, wobei vorausgesetzt wird, dass dasselbe Individuum in mehr als einer Klasse gefunden werden kann, genauso wie es mehr als eine Eigenschaft gemeinsam mit anderen Individuen besitzen kann.
 
===Definition „Universe of Discourse“ ([[Boole (1854)]], S. 42<ref name="Boole (1854)">{{Quelle|Boole (1854)}}</ref>)===
[[Datei:Boole 1854 Universe of Discourse p42.png|mini|300px|[[George Boole]] hat den heute üblichen Begriff “Universe of Discourse” geprägt.]]
 
<i>
In every discourse, whether of the mind conversing with its
own thoughts, or of the individual in his intercourse with others,
there is an assumed or expressed limit within which the subjects of
its operation are confined. The most unfettered discourse is that
in which the words we use are understood in the widest possible
application, and for them the limits of discourse are co-extensive
with those of the universe itself. But more usually we confine ourselves
to a less spacious field. Sometimes, in discoursing of men
we imply (without expressing the limitation) that it is of men
only under certain circumstances and conditions that we speak,
as of civilized men, or of men in the vigour of life, or of men
under some other condition or relation. Now, whatever may be
the extent of the field within which all the objects of our discourse
are found, that field may properly be termed the universe
of discourse.
 
Furthermore, this universe of discourse is in the strictest
sense the ultimate subject of the discourse.
</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)'''<br/>
<i>
In jedem Diskurs, ob vom Gehirn, das mit seinen eigenen Gedanken spricht, oder vom Individuum im Umgang mit anderen,
gibt es eine angenommene oder formulierte Begrenzung, von welcher die Themen dieses Vorgangs beschränkt werden.
Der freieste Diskurs ist derjenige, in dem die Wörter, die wir verwenden, im weitest möglichen Einsatzbereich verstanden werden,
und für diese sind die Grenzen des Diskurses inhaltsgleich mit denen des Univerums selbst.
Üblicherweise beschränken wir uns aber selbst auf ein weniger ausgedehntes Feld.
Manchmal, wenn wir über Menschen sprechen, implizieren wir (ohne die Beschränkung zu äußern), dass es nur um Menschen
unter bestimmten Umständen und Bedingungen geht, wie um zivilisierte Menschen oder um Menschen auf der Höhe ihrer Schaffenskraft um
Menschen unter irgendwelchen anderen Bedingungen oder Beziehungen.
Unabhängig davon, welchen Umfang das Gebiet hat, in welchem alle Objekte unseres Diskurses gefunden werden,
dieses Feld  sollte angemessenerweise Diskursuniversum genannt werden.
 
Darüber hinaus ist dieses Diskursuniverum im strengsten Sinne das ulimative Thema des Diskurses.
</i>
 
===Definition „Universe of Discourse“ ([[Peirce, Ladd-Franklin (1902)]]<ref  name="Peirce, Ladd-Franklin (1902)">{{Quelle|Peirce, Ladd-Franklin (1902)}}</ref>)===
[[Datei:Peirce 1902 Universe_of_Discourse_p742.png|mini|300px|Die Definition von [[Charles S. Peirce]] und [[Christine Ladd-Franklin]] im [[Baldwin (1902)|Dictionary of Philosophy and Psychology, Volume 2]]]]
 
Universe ''(in logic)'' of discourse, of a proposition, &c. <i>In every proposition the circumstances of its enunciation show that it refers to some collection of individuals or of possibilities, which cannot be adequately described, but can only be indicated as something familiar to both speaker and auditor. At one time it may be the physical universe of sense (1) [The collection of all material things; Anm.: W. Kowarschick] , at another it may be the imaginary “world” of some play or novel, at another a range of possibilities.
</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)'''<br/>
''Diskursuniversum'' (in der Logik)'', Universum einer Aussage etc.'' Für jede Aussage zeigen die Umstände seiner Enunziation [Erklärung, Äußerung; Anm.: W. Kowarschick],
dass er auf irgendeine Sammlung von Individuen oder Möglichkeiten verweist, die nicht adäquat beschrieben, sondern nur als etwas angegeben werden kann,
das sowohl dem Sprecher, als auch dem Autor bekannt ist. Zu einem Zeitpunkt kann es sich um ein physisches Universum im Sinne von (1) [Die Sammlung aller materiellen Dinge; Anm.: W. Kowarschick] handeln, zu einem anderen Zeitpunkt kann es die imaginäre „Welt“ irgendeines Spiels oder einer Novelle sein, wann anders eine Reihe von Möglichkeiten.
 
====Anmerkungen von Peirce und Ladd-Franklin====
<i>The term was introduced by De Morgan in 1846 (Cambr. Philos. Trans., viii 380) but De Morgan never showed that he fully comprehended it.</i>
 
'''Übersetzung (W. Kowarschick)''
Der Begriff wurde [[1846]] von [[Augustus De Morgan|De Morgan]] eingeführt ([[De Morgan (1846)|Cambr. Philos. Trans., viii 380]]), aber De Morgan hat niemals gezeigt, dass er ihn vollkommen verstanden hat.
 
==Quellen==
<references />
 
==Siehe auch==
 
* [[Komprehension]]
 
[[Kategorie:Logik]]

Version vom 25. April 2019, 16:28 Uhr