Aussage (Logik)

aus GlossarWiki, der Glossar-Datenbank der Fachhochschule Augsburg

Definition (Aristoteles, 384-322 v. Chr.)[1]

Eine Aussage ist ein sprachliches Gebilde, von dem es sinnvoll ist zu sagen, ob es wahr sei oder falsch.

Definition (Brockhaus)[2]

Aussage

allg.: Bericht, zu einem Tatbestand abgegebene Erklärung; auch: geistiger Gehalt, z.B. eines Kustwerkes

Logik: Die Formulierung eines Sachverhalts in Form eines Behauptungssatzes; bei Aristoteles Apophansis (Satz, der wahr oder falsch sein kann) genannt.

Anmerkungen

Sowohl die Definition von Aristoteles, als auch die Definition von Brockhaus definieren den Begriff „Aussage“ (im Sinne der Logik) nicht wirklich.

Bei Aristoteles ist der Begriff „sprachliches Gebilde“ ziemlich unspezifisch und auch der Wahrheitsbegriff ist undefiniert. Beides wird als bekannt vorausgesetzt und ist zumindest in irgendeinem Sinn „einfacher“ als der Begriff „Aussage“. Allerdings sind beide Begriffe zu unspezifisch, als dass sie den Begriff „Ausdruck“ wirklich stringent definieren würden. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei dem Satzteil „von dem es sinnvoll ist zu sagen“ selbst um eine Aussage handelt. Der Begriff „Aussage“ wird also (rekursiv!) mit Hilfe einer „(Meta-)Aussage“ definiert.

Die Definition von Brockhaus ist noch unbefriedigender, da der Begriff „Behauptungssatz“ genausowenig definiert ist, wie „Aussage“ selbst.

Mathematisch präzise Definitionen des Begriffs „Aussage“ liefern Teilgebiete der Logik, wie die Aussagenlogik und die Prädikatenlogik.

Aus der Definition von Aristoteles lassen sich allerdings einige wichtige Eigenschaften von Aussagen ablesen [3]:

  • Man benötigt einen Wahrheitsbegriff.
  • Man benötigt „Sätze“ bzw. „sprachliche Gebilde“.
  • Nur bestimmte „Sätze“ bzw. „sprachliche Gebilde“, nämlich die „Aussagen“, können als „wahr“ oder „falsch“ angesehen werden.

Wahrheitsbegriff [4]

Aus der Definition von Aristotiles lassen sich zwei Schlüsse über den Wahrheitsbegriff ziehen:

  1. Tertium no datur (ein Drittes ist nicht gegeben): Eine Aussage ist wahr oder falsch, nichts sonst.
  2. Ausgeschlossener Widerspruch: Eine Aussage ist nicht gleichzeitig wahr und falsch.

Die erste Aussage ist nicht so evident, wie es den Anschein hat. Im Alltag begegnen uns oft Halbwahrheiten oder Flaschaussagen, die zumindest gut begründet sind. Und auch die Mathematik befasst sich mit mehrwertigen Logiken, bei denen mehr als zwei Wahrheitswerte zugelassen werden, wie z.B. „wahr“, „falsch“ und „unbekannt“ (vgl. SQL).

Die zweite Folgerung steht nur implizit in der Definition von Aritsoteles: Man muss „oder“ als „entweder — oder“ interpretieren.

Sprachliche Gebilde [5]

Ein „sprachliches Gebilde“ ist ein

  • Gebilde der gesprochenen Sprache (z.B. Lautfolgen)
  • Gebilde der geschriebenen Sprache (z.B. Zeichenfolgen, Texte, mathematische Formeln, Programme, Notenstücke)

Viele sprachlichen Gebilde sind sinnlos, wie z.B. „sdf§$%s12fn sd“ oder ein Programm mit Syntaxfehlern.

Aber auch sinnvolle Gebilde, d.h. Gebilde, denen ein Inhalt (eine Semantik) zugeordnet werden kann, sind nicht immer Aussagen:

  1. Komm her! (Aufforderung, Befehl)
  2. a²+b³ (Term)
  3. Nachts ist es kälter als draußen. (Korrekt gebildeter Satz ohne sinnvollen Inhalt)
  4. Diser Saz enthält drei Fehler. (Korrekt gebildeter Satz, der weder wahr noch falsch ist.)
  5. Jede gerade Zahl größer als 2 ist als Summe zweier Primzahlen darstellbar.

Die ersten beiden Gebilde sind schon aus rein syntaktischen Gründen keine Aussagen: Ein Ausrufezeichen steht nie nach einer Aussage, ein mathematischer Term ohne Prädikat ist nicht wahr oder falsch. Typische Prädikate sind die Gleichheit (=) oder Größenbeziehungen (<, >).

Das dritte Gebilde ist aus semantischen Gründen keine Aussage. Man muss den Inhalt/die Bedeutung des Satzes verstehen, um entscheiden zu können, dass es sich hierbei um keine Aussage handelt.

Das vierte Gebilde sieht aus wie eine Aussage, hat auch einen Inhalt, ist aber trotzdem keine Aussage, da er weder wahr noch falsch ist: Er enhält nur zwei (Rechtschreib)-Fehler, also ist er falsch. Da dies der dritte Fehler ist, ist er doch richtig. Und damit ist er wieder falsch. Etc. pp. Das Problem dieses Satzes ist, dass die Sprachebenen vermischt werden: Er spricht über Sätze und insbesondere über sich selbst. Eine formale Definition des Aussagebegriffs muss daher zwischen Objektsprache, Meta-Sprache, Meta-Meta-Sprache etc. sauber unterscheiden.

Das fünfte Gebilde ist eine klare Aussage, die entweder wahr oder flasch ist. Sie genügt also der Definition von Aristotiles. Allerdings wissen wir bis heute nicht, ob sie wahr oder falsch ist. Das Wissen über den Wahrheitswert hat Aristotiles in seiner Definition jedoch auch nicht gefordert.

Bei jedem sprachlichen Gebilde kann man drei Aspekte unterscheiden:

  • Syntax (Form, Aufbau des Gebildes)
  • Semantik (Inhalt, Bedeutung des Gebildes)
  • Pragmatik (Bedeutungsschwere des Inhalts)

Beispiel

  • Das Lagerfeuer brennt.
  • Das Haus brennt.

Syntaktisch und semantisch sind beide Aussagen gleichartig, aber hinsichtlich der Pragmatik unterscheiden Sie sich:

  • Syntax (Form): Artikel, Subjekt, Prädikat
  • Semantik (Bedeutung): Aussagesatz; ein Gegenstand wird dem chemischen Prozess der Redoxreaktion (unter Abgabe von Wärme und Licht) unterzogen.
  • Pragmatik (Wichtigkeit, Bedeutungsschwere): Im ersten Fall: „Prima, wir können uns wärmen!“, im zweiten Fall: „Katastophe! Wir müssen die Feuerwehr rufen!“

In der mathematischen Logik werden i.Allg. nur Syntax und Semantik mit formalen Mitteln behandelt, die Pragmatik entzieht sich dagegen mathematischen Mitteln weitestgehend.

Quellen


Dieser Artikel ist GlossarWiki-konform.