Metasprache

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Definition (Brockhaus)[1]

Metasprache, Sprache oder Symbolsystem zur wiss. Beschreibung einer Sprache oder eines Symbolsystems, z. B. eine formalisierte Sprache, in der die Beschreibung einer natürl. Sprache vorgenommen wird. Eine M[etasprache] kann ihrerseits wieder Objektsprache einer M[etasprache] [, der so genannten Metametasprache (Anm. von Kowarschick),] werden.

Definition (Brockhaus)[2]

Objektsprache, Sprachwissenschaft:

  1. natürl. Sprache, mit der auf einen außersprachl. Sachverhalt Bezug genommen wird;
  2. Sprache (natürl. Sprache, Fremdsprache, formalisierte Sprache), die in einer Metasprache beschrieben wird.

Definition (Gellert, Kästner)[3]

Metasprache: Sprache, in der über Aussagen einer anderen Sprache, der Objektsprache, gesprochen wird.

Definition (Kowarschick, analog zu [3])

Metametasprache: Sprache, in der über Aussagen einer Metasprache gesprochen wird.

Metametametasprache: Sprache, in der über Aussagen einer Metametasprache gesprochen wird.

Et cetera.

Anmerkungen und Beispiele[4]

Laut Brockhaus[5] war es Gottlob Frege, der in seiner Schrift „Über Sinn und Bedeutung“[6] erstmals scharf zwischen Objekt- und Metasprache trennte. Frege führt in dieser Schrift aus, dass man in einer Sprache über die Sprache sprechen kann:

Wenn man in der gewöhnlichen Weise Worte gebraucht, so ist das, wovon man sprechen will, deren Bedeutung. Es kann aber auch vorkommen, daß man von den Worten selbst oder von ihrem Sinne reden will. Jenes geschieht z.B., wenn man die Worte eines anderen in gerader Rede anführt. Die eigenen Worte bedeuten dann zunächst die Worte des anderen, und erst diese haben die gewöhnliche Bedeutung. Wir haben dann Zeichen von Zeichen. In der Schrift schließt man in diesem Falle die Wortbilder in Anführungszeichen ein. Es darf also ein in Anführungszeichen stehendes Wortbild nicht in der gewöhnlichen Bedeutung genommen werden.

Man kann also in einer Sprache reden oder über eine Sprache. Amerikanischen Germanisten reden auf Englisch (Metasprache) über Deutsch (Objektsprache), Deutsche Germanisten reden auf Deutsch (Metasprache) über Deutsch (Objektsprache). Üblichereweise werden in so einem Fall die Wörter der Objektsprache, wie von Frege angemerkt, in Anführungszeichen eingeschloßen:

The German sentence „Hans trinkt Tee“ consists of a subject, a predicate and an object.
Der deutsche Satz „Hans trinkt Tee“ besteht aus einem Subjekt, einem Prädikat und einem Objekt.

Allerdings kann die Vermischung von Sprachschichten mittels Selbstreferenz zu Paradoxien führen:

Diser Saz enthält drei Fehler.

Wer das geschrieben hat, kann nicht fehlerfrei schreiben, obendrein auch nicht zählen. Oh, das ist dann der 3. Fehler. Dann enthält der Satz doch nur Rechtschreibe- und keine Zählfehler, also nur zwei Fehler, also doch einen Zählfehler, usw.[7][8]

Das Problem entsteht dadurch, dass der Satz „lediglich“ zwei syntaktische Fehler enthält (Syntax: Objektebene). Das Zählen der Fehler findet dagegen auf der semantischen Ebene statt (Semantik: Metaebene).

Weitere Beispiele:

Antworten Sie auf diese Frage mit einer Verneinung?
Befolgen Sie diese Anweisung nicht!
Dies ist kein englischer Satz.

Die selbstreferentielle Frage kann nicht korrekt (mit „Ja“ oder „Nein“ oder Ähnlichem) beantwortet werden, die selbstreferentielle Anweisung kann nicht korrekt befolgt werden. Der dritte Satz kann nicht problemlos in Englisch übersetzt werden, ohne seinen Wahrheitsgehalt zu ändern:

This is not an English sentence.

Auch in diesem findet eine Vermischung der Sprachebenen statt.

Mathematische Logik

Laut Definition ist es Ziel der mathematischen Logik, das natürliche, umgangssprachliche Hantieren mit Aussagen und Folgerungen in einem mathematischen Formalisms, einem Kalkül, zu präzisieren, um zu einer rein mechanischen Ausführung von Beweisen zu gelangen. Um Probleme zu vermeiden, wie sie zuvor anhand von Beispielen aufgezeigt wurden, ist es in diesem Teilgebiet der Mathematik extrem wichtig, zwischen Objekt- und Metasprache zu unterscheiden.

In diesem Wiki werden folgende Sprachen verwendet:

Sprache Syntax Semantik In diesem Wiki
Objektsprache
Ausdrücke und Terme
bestehend aus $\neg$, $\wedge$, $\vee$, $\rightarrow$, $\leftrightarrow$, $\bigwedge$, $\bigvee$ etc.
Wahrheitswerte, formal definiert
mittels einer Metasprache
GlossarWiki:Objektsprache/Aussagelogik
GlossarWiki:Objektsprache/Prädikatenlogik
GlossarWiki:Objektsprache/Klassenlogik
Metasprache Ausdrücke und Terme
bestehend aus ~, &, |, ⇒, ⇔, ∃, ∀ etc.
sowie deutsche Sätze
informell beschrieben mittels
der Metametasprache
GlossarWiki:Elementare Mengenlehre
GlossarWiki:Metasprache/Aussagelogik
GlossarWiki:Metasprache/Prädikatenlogik
Metametasprache etc. Deutsch
(Rechtschreibung und Grammatik)
als bekannt vorausgesetzte
Semantik der deutschen Sprache

Gödelscher Unvollständigkeitssatz

Allerdings ist die Vermischung von Objekt- und Metaebene manchmal notwendig, um neue, bahnbrechende Einsichten zu erhalten.

Kurt Gödel hat mit seinem berühmten erstem Unvollständigkeitsatz bewiesen, dass es in jedem widerspruchsfreiem axiomatischen System, dass die Arithmetik der natürlichen Zahlen umfasst, wahre Ausagen gibt, die nicht mit Hilfe des Systems bewiesen werden können.[9]

Seine Beweisidee basiert ebenfalls auf einer Vermischung der Sprachebenen. Zunächst definiert er – auf Objektebene! – mit Hilfe der Arithmetik der natürlichen Zahlen einen Beweiskalkül G. Anschließend transformiert er den Satz „Diese Aussage lässt sich innerhalb des Systems G nicht beweisen.“ in die Objektsprache. Diese in die Objektsprache transformierte Aussage kann tatsächlich nicht mit Hilfe des Systems G bewiesen werden, da dies sofort zu einem Widersprucht führen würde. Also gibt es eine wahre Aussage, die innerhalb von G nicht beweisen werden kann. Die Schlussfolgerung, dass es sich bei G um eine wahre Aussage handelt, findet auf der Metaebene, also außerhalb des Systems G statt.

Kurz gesagt: Gödel hat bewiesen, dass es kein Axiomensystem gibt, mit dem sich alle arithmetischen Wahrheiten beweisen lassen. Damit ist der Traum von David Hilbert, mit der Principia Mathematica die Arithmetik vollständig und widerspruchsfrei zu axiomatisieren, geplatzt.

Ein sehr anschauliche Version des Beweises von Gödel einschließlich vieler Implikationen, die dieser Satz zur Folge hat, findet man in dem Buch „Gödel, Escher, Bach“ von Douglas R. Hofstadter[10].

Die Idee hinter dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz kann man sich sehr schön an folgendem Beispiel klar machen:

Der Leser kann diesen Satz (namens „GöU“) nicht beweisen.

Bei „GöU“ handelt es sich um einen wahren Satz.

Beweis (durch den Wiki-Autor dieses Artikels)

Wenn der Leser „GöU“ beweisen könnte, würde er beweisen, dass er „GöU“ nicht beweisen kann. Da dies einen Widerspruch darstellt, kann der Leser „GöU“ nicht beweisen. Der Satz ist also wahr!

Damit gibt es also einen wahren Satz, den das axiomatische System „Leser“ nicht beweisen kann.

Auf dieselbe Weise kann der Autor dieses Artikels sogar den Satz

Der Leser kann diesen Satz (namens „WAHR?“) nicht für wahr halten.

als wahr beweisen. (Man beachte, dass es sich beim vorangegangenen Satz um einen Satz auf Metametaebene handelt, da im darin enthaltenen Satz „WAHR?“ bereits Objekt- und Metaebene vermischt werden.)

Die Tatsache, das der Satz „WAHR?“ beweisbar korrekt ist, ist für den Autor dieses Artikels besonders dramatisch: Als Wiki-Autor kann er die Wahrheit des Satzes „WAHR?“ beweisen, aber als Leser muss er, nachdem er den Beweis fertiggestellt hat und den Satz noch einmal auf Fehler hin durchliest, erkennen, dass der Satz (für ihn als Leser!) falsch sein muss.

Quellen der Sätze „GöU“ und „WAHR?“

Die ursprüngliche Version des Satzes „GöU“ lautet folgendermaßen

Lucas cannot consistently assert this sentence.[11]

oder – in deutscher Übersetzung –

Lucas kann diesen Satz nicht widerspruchsfrei behaupten.[12]

und war als Antwort von C. H. Whietely an J. R. Lucas gedacht. Lucas hat aus Gödels Unvollständigkeitssatz geschlussfolgert, dass „der Geist nicht als Maschine zu erklären ist“[13], dass also der menschliche Geist prinzipiell mehr vollbringen kann, als Maschinen, da er den Gödelschen Beschränkungen nicht unterliegen würde. Wie allerdings Hofstadter, Whitely und andere nachvollziehbar darlegen, gibt es auch für den menschlichen Geist unüberwindbare Beschränkungen, so dass die Argumentation von Lucas nicht stichhaltig ist.

Die ursprüngliche Veriosn desSatzes „WAHR?“ lautet:

Lucas cannot consistently believe this sentence.[11]

Quellen

  1. Brockhaus (1991, MAG-MOD): Brockhaus-Enzyklopädie: Band 14, MAG-MOD; Auflage: 19; Verlag: F.A. Brockhaus GmbH; Adresse: Mannheim; ISBN: 3-7653-1114-6; 1991; Quellengüte: 5 (Buch)
  2. Brockhaus (1991, NOS-PER): Brockhaus-Enzyklopädie: Band 16, MAG-MOD; Auflage: 19; Verlag: F.A. Brockhaus GmbH; Adresse: Mannheim; ISBN: 3-7653-1116-2; 1991; Quellengüte: 5 (Buch)
  3. 3,0 3,1
  4. vgl. Güntzer, Schmidt, Kempf, Möller (1989): Ulrich Güntzer, Gunther Schmidt, Michael Kempf und Bernhard Möller; Mathematische Logik; Band: TUM-I-8900; Hochschule: Technische Universität München; 1989; Quellengüte: 4 (Skript)
  5. Brockhaus (1988, EX-FRT): Brockhaus-Enzyklopädie: Band 7, EX-FRT; Auflage: 19; Verlag: F.A. Brockhaus GmbH; Adresse: Mannheim; ISBN: 3-7653-1107-3, 3-7653-1207-X; 1988; Quellengüte: 5 (Buch)
  6. Frege (1892): Gottlob Frege; Über Sinn und Bedeutung; in: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik; Band: 100; Seite(n): 25-50; Web-Link 0, Web-Link 1, Web-Link 2; 1892; Quellengüte: 5 (Artikel)
  7. Güntzer, Schmidt, Kempf, Möller (1989): Ulrich Güntzer, Gunther Schmidt, Michael Kempf und Bernhard Möller; Mathematische Logik; Band: TUM-I-8900; Hochschule: Technische Universität München; 1989; Quellengüte: 4 (Skript), Seite 1-7
  8. vgl. auch Hofstadter, Dennett (1985): Douglas R. Hofstadter und Daniel C. Dennett; The Mind's I – Fantasies and Reflections on Self and Soul; Verlag: Bantam Dell; ISBN: 0553345842; Web-Link; 1985; Quellengüte: 5 (Buch), Chapter 17, Reflections
  9. Gödel (1931): Kurt Gödel; Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I; in: Monatshefte für Mathematik und Physik; Band: 38; Nummer: 1; Seite(n): 173-198; Verlag: Springer-Verlag GmbH; Adresse: Wien; Web-Link; 1931; Quellengüte: 5 (Artikel)
  10. Hofstadter (1987): Douglas R. Hofstadter; Gödel, Escher, Bach – ein Endloses Geflochtenes Band; Auflage: 10; Verlag: Klett-Cotta; ISBN: 3-6089-3037-X; 1987; Quellengüte: 5 (Buch)
  11. 11,0 11,1 Hofstadter, Dennett (1985), Chapter 17, Reflections
  12. Hofstadter (1987), Seite 510
  13. Hofstadter (1987), Seite 504

Siehe auch

  1. Aussage
  2. Russellsche Antinomie
  3. Epimenides